Turnen:Hölzls Entschuldigung

Die Enthüllungen um psychische Gewalt am Olympiastützpunkt Sachsen sollen weitreichende Konsequenzen für das deutsche Turnen haben. Nach einer Untersuchung der Vorwürfe verlangt der Deutsche Turner-Bund nicht nur die Beendigung des Arbeitsverhältnisses einer Chemnitzer Trainerin, er will auch einen Kulturwandel einleiten. "Ich möchte mich ausdrücklich für das entstandene Leid entschuldigen", sagte DTB-Präsident Alfons Hölzl: "Wir müssen uns als Gesellschaft die Frage stellen, welchen Spitzensport wollen wir überhaupt."

Eine vom DTB beauftragte Frankfurter Kanzlei hatte bei ihren Ermittlungen zu den vom Spiegel beschriebenen Vorfällen "schwerwiegende Pflichtverletzungen" am Olympiastützpunkt Sachsen festgestellt. Mehrere Sportlerinnen, auch die frühere Schwebebalken-Weltmeisterin Pauline Schäfer, hatten der Trainerin vorgeworfen, sie im Training schikaniert, Medikamente ohne ärztliche Verordnung verabreicht und keinen Widerspruch zugelassen zu haben. Die Trainerin hat diese Vorwürfe auch bei einer Befragung im Rahmen der Untersuchung bestritten; sie sprach von haltlose Anschuldigungen.

Dagegen kommt das dem DTB vorliegende Gutachten nach der Befragung von 32 Personen zum Ergebnis, dass "in 17 Fällen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Anwendung psychischer Gewalt durch die Trainerin vorliegen". Hölzl räumte ein: "Es ist nicht eine einmalige Entgleisung, es sind gravierende Pflichtverstöße." Als es 2018 erstmals Vorwürfe gegeben hatte, seien die eingeleiteten Maßnahmen "unzureichend" gewesen. Hölzl bat die Athletinnen um Entschuldigung: "Eine Goldmedaille bei Olympischen Spielen hat langfristig keinen Wert, wenn ein Turner nachher beschreibt, welches Leid er erfahren hat und welches fürchterliche Leben er gehabt hat." Das Gutachten sei Anlass, die Strukturen des hiesigen Turnsports "zu hinterfragen und zu reformieren"

© SZ vom 23.01.2021 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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