Turbulenzen in Bremen:Der Herbergsvater kontert

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Nie zuvor ist die Sozialkompetenz des gerade wegen seiner Menschenführung gerühmten Thomas Schaaf so in Frage gestellt worden wie von Ivan Klasnic. Der Trainer reagiert trocken.

Jörg Marwedel

Klaus Allofs ist ein besonnener Mann. Seinen Job als Geschäftsführer von Werder Bremen sieht er auch darin, die Dinge etwas tiefer zu hängen in diesem zur Aufregung neigenden Bundesliga-Business. In dieser Woche sind solche Eigenschaften gefragt gewesen wie noch nie in Bremen.

Es hat sich nämlich Unglaubliches zugetragen im grün-weißen Klub, der doch als kuscheliger Hort großer Profi-Karrieren gilt und dessen Trainer Thomas Schaaf den verständnisvollen Herbergsvater zu verkörpern schien. Nie zuvor jedenfalls ist die Sozialkompetenz des gerade wegen seiner Menschenführung gerühmten Schaaf öffentlich so in Frage gestellt worden wie vom Fußballprofi Ivan Klasnic.

Der Stürmer, der um seine WM-Nominierung in Kroatiens Nationalteam bangt, hatte sich nicht nur beklagt, weil er vorigen Samstag ohne weitere Erläuterung auf der Bank Platz nehmen musste; er war grundsätzlicher geworden.

Die Variante der Provokation

So habe Schaaf nach den Niederlagen in den vergangenen zwei Wochen "kein Wort mit mir und den meisten Spielern gesprochen", was falsch gewesen sei. "Wenn wir im Tief stecken, muss der Trainer mit allen sprechen, alle wieder aufbauen", meinte Klasnic, der auf dem Platz zuletzt kaum überzeugen konnte. Schaaf hat darauf trocken und "ganz allgemein" gekontert: "Ich kann keine Ansprüche stellen und zur WM wollen, wenn ich kein Bein vor das andere bekomme."

Natürlich hat Klaus Allofs wieder einmal versucht, die Dinge in das Fach normaler Auseinandersetzungen einzuordnen. Am Dienstag zum Beispiel sagte er Sätze wie: "Der Zustand der totalen Zufriedenheit würde uns auch nicht weiterbringen." Oder: "Ein Fußballtrainer kann sich verschiedener Mechanismen bedienen. Er kann fürsorglich sein oder Spielern die Aufmerksamkeit entziehen, und Thomas hat sich diesmal für die Variante der Provokation entschieden."

Doch Allofs weiß auch, dass ausgerechnet jener Mannschaftsteil, um den die Bremer von der ganzen Liga beneidet werden, derzeit der brisanteste Konfliktherd ist im Team. Wenn sie nicht aufpassen bei Werder, dann könnte sich der beste Sturm der Bundesliga schneller in Luft auflösen als die Laufzeit der Verträge ahnen lässt.

Auch Valdez will kein Joker mehr sein

Klasnic (Vertrag bis 2007) ist nicht der einzige im Angriffsquartett, der sagt, er müsse "sehen, was in Zukunft passiert". Auch Nelson Valdez (Vertrag bis 2007), der am Samstag den Vorzug vor Klasnic erhalten hatte, hat nach seinen drei Toren beim 5:0 gegen Hannover zornig das Ende der Geduld ausgerufen: Er wolle kein Joker mehr sein, sagte er, während Dortmunds Manager Michael Zorc zeitgleich verbreitete, man sei mit Valdez im Prinzip über einen Wechsel einig. Und schließlich kokettiert auch der beste Liga-Schütze Miroslav Klose (Vertrag bis 2008) mit Auslandsträumen, die er sich womöglich schon nach der WM erfüllen wolle.

Klaus Allofs aber sagt: "Wir hoffen, noch lange in dieser Konstellation zu spielen." Klasnic und Valdez wüssten zudem, dass Werder mit ihnen verlängern möchte. Und Klasnics Wunsch nach einem Gespräch haben Allofs und Schaaf inzwischen erfüllt. Konsequenzen, sagt der Manager, solle Klasnics Kritik nicht haben: "Wir erwarten nur bessere Leistungen."

© SZ vom 30.03.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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