Türkei:Doppel-Herz

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Türkische Spieler salutieren nach dem Tor gegen Albanien. (Foto: Huseyin Aldemir/Reuters)

Die Uefa untersucht den Jubel der türkischen Elf, der auch den DFB-Nationalspielern Ilkay Gündogan und Emre Can auf Instagram zunächst "gefallen" hat.

Die beiden deutschen Nationalspieler Ilkay Gündogan und Emre Can haben vorübergehend ein Foto des türkischen Nationalspielers Cenk Tosun geliked, auf dem der umstrittene Jubel türkischer Nationalspieler beim EM-Qualifikationsspiel gegen Albanien zu sehen ist. Das Foto zeigt die Szene nach Tosuns Siegtreffer, als die Spieler in Reih und Glied in Richtung Ehrentribüne salutierten. Offensichtlich war die Geste als militärischer Gruß gemeint, der Solidarität mit dem türkischen Militär und dessen Offensive auf die kurdischen Gebiete in Nordsyrien symbolisieren soll. Beide Nationalspieler haben das "Gefällt mir"-Herz mittlerweile wieder zurückgenommen.

"Ich habe den Post von Tosun, den ich schon lange kenne, beim Scrollen geliked, ohne jegliche Intention und auf den Inhalt zu achten. Ich bin ein absoluter Pazifist und gegen jede Art von Krieg", sagte Can der Bild-Zeitung. "Ich habe das Like zurückgenommen, als ich gesehen habe, dass es politisch gewertet wurde", teilte Gündogan auf Anfrage des Sport-Informationsdienstes mit: "Glauben Sie mir: Nach dem letzten Jahr ist das Letzte, was ich wollte, ein politisches Statement zu setzen. Ich habe das Like bewusst zurückgenommen." Der Mittelfeldspieler von Manchester City hatte sich vor der WM 2018 mit dem türkischen Präsidenten Erdogan fotografieren lassen. Nach jenen Fotos äußerte er sich - im Gegensatz zum Kollegen Mesut Özil - umfangreich und sagte, dass er die Kritik verstehen könne. Erst vor ein paar Tagen sagte er im SZ-Interview, er habe die Situation damals "völlig unterschätzt".

Gündogan, Can und Tosun kennen sich schon lange. Tosun wurde in Wetzlar geboren und spielte in der Jugend wie der drei Jahre jüngere Can bei Eintracht Frankfurt. Tosun und Gündogan waren gemeinsam für die deutsche U21 aktiv, ehe sich der Stürmer für das Land seiner Eltern entschied. "Wahr ist, dass ich mich für meinen ehemaligen Teamkollegen gefreut habe", sagte Gündogan weiter.

Die Europäische Fußball-Union Uefa untersucht derweil die Jubelgeste. Das bestätigte ein Uefa-Sprecher der italienischen Nachrichtenagentur ANSA. Die Geste könne "zweifellos als Provokation gedeutet werden", sagte der Uefa-Pressechef Philip Townsend: "Politische Äußerungen sind in den Regularien aber verboten. Deshalb werden wir dem Verdacht definitiv nachgehen." Nach dem Sieg postete der türkische Verband zudem ein Bild auf Instagram und Twitter. Darauf sind die Spieler zu sehen, wie sie in der Kabine einen Militärgruß vollziehen "und den Sieg den tapferen Soldaten und Märtyrern widmen", wie unter dem Bild steht.

© SZ vom 14.10.2019 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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