TSV 1860 München verliert:Auto ohne Sprit

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Das ernüchternde 0:3 des TSV 1860 gegen Greuther Fürth lässt keinen Krümel Interpretationsspielraum zu.

Gerald Kleffmann

Da saß er, Benno Möhlmann, der Trainer der SpVgg Greuther Fürth, und analysierte das Spiel. Man habe vor "dieser für uns ungewohnten Kulisse" zeigen wollen, "dass wir Fußball spielen können", sprach er trocken und sagte dann nicht mehr allzu viel. Walter Schachner, sein Berufskollege vom TSV 1860, saß daneben, sein Blick verriet nichts.

we win? - Eher nicht. TSV-Stürmer Vucicevic ist langsamer als Fürths Mauersberger. (Foto: Foto: dpa)

Als er gebeten wurde zu reden, sagte Schachner ruhig, die Fürther seien frischer gewesen, schneller, spritziger, "die hatten jeden zweiten Ball". Es fehlte nur, dass er den Gegner als hübscher und witziger einstufte. Aber auch so war die Botschaft klar.

Dieses 0:3 (0:2) zwischen den Löwen und Greuther Fürth vor 30.000 Zuschauern in der Arena am Sonntag ließ keinen Krümel Interpretationsspielraum zu. 1860 spielte schlecht, die SpVgg gut. Ende der Diskussion. Die Trainer akzeptierten dies schnell und emotionsarm. Nach acht Minuten war die Pressekonferenz vorbei.

Der Hüne namens Mustafa

Aus Sicht der Münchner ist die nüchterne Reaktion zu verständlich. Die Aufführung sollte ja ganz anders ablaufen. 1860, das nach einer guten Hinrunde heimlich Richtung Aufstiegsränge geschielt hatte, wollte im ersten Rückrundenspiel die Konkurrenz einschüchtern. Nun war man selbst eingeschüchtert. Schachner gab zu, er empfinde es als "ein Phänomen", dass keiner aus seiner Elf "mal richtig reingehauen" habe.

Weiter stellte er rätselnd fest: "Wenn die Routiniers keinen guten Tag haben, wie sollen sich die Jungen anlehnen?" Und er sagte: "Die waren aggressiv und haben uns zu Fehlern gezwungen." Wie es dazu kam, dass 1860 und Fürth kurzerhand die Rollen getauscht hatten, konnte Schachner nicht sagen. Und lieferte damit eine passende Antwort. 1860 ist manchmal selbst für den Trainer nicht zu durchschauen.

Das letzte Hinrundenspiel im Dezember gewannen die Löwen 4:0 gegen Aue. Diesen Schwung wollten sie mitnehmen. Doch diese nette Idee überlebte nicht mal in homöopathischer Dosis. Greuther Fürth wirkte von Beginn an inspirierter. Das Konzept, das sich SpVgg-Trainer Benno Möhlmann ausgedacht hatte, funktionierte bestens.

Tag der offenen Tür

Als einzige Sturmspitze agierte der hünenhafte Mustafa Kucukovic. Geschickt ließ er sich zurückfallen. Erkämpfte sich seine Elf den Ball, schaltete die Mannschaft wie auf Knopfdruck auf Offensive und griff über die Außenbahnen an. Links tat dies Danny Fuchs, vor Jahren bei den Löwen-Amateuren ausgemustert, rechts Daniel Adlung. 1860 hatte mit der Taktik Probleme. Schlimmer noch: Der TSV trug seinen Teil bei und lud herzlichst ein - zum Tag der offenen Tore.

In der 16. Minute zog Fuchs aus 20 Metern ab, Torwart Michael Hofmann parierte, den weggefausteten Ball hämmerte Adlung ins Eck. In der Hinrunde hatte die 1860-Elf gezeigt, dass sie in der Lage ist, sich durch einen frühen Rückstand nicht irritieren zu lassen. Eine Winterpause und ein Trainingslager auf Teneriffa später scheint diese Gabe verschwunden zu sein. Das 0:2 durch Christian Timm (29.) war kein Zufall.

Juri Judt hatte mit einem einzigen Pass durchs löchrige Sechziger Mittelfeld den Stürmer angespielt, der dribbelte auf Hofmann zu, Innenverteidiger Gregg Berhalter stolperte wie ein Auto ohne Sprit hinterher, und lupfte ins Netz. Berhalter, der Kapitän, erwischte einen besonders schlimmen Arbeitstag, auch in diesem Fall wusste Schachner keine Erklärung. Nur so viel: "Man darf ihn nicht verdammen." Immerhin.

Auch in den zweiten 45 Minuten dasselbe Bild bei 1860. Es gab kein Aufbäumen, keine kreativen Züge, keinen Spieler, der versuchte, das Kommando an sich zu reißen. Das Experiment, den jungen Fabian Johnson auf die rechte statt linke Mittelfeldseite zu stellen, scheiterte. Zwölf Minuten nach dem Wiederanpfiff war das Spiel entschieden.

Christoph Burkhard, für den am Mittelfuß verletzten Mate Ghvinianidze eingewechselt, verlor den Ball, Fuchs packte ihn ein und gab ihn erst nach einem Solo und dem 0:3 wieder her (57.). Stefan Reisinger, der im Vorjahr bei 1860 so glücklos auftrat, hätte gar das vierte Tor erzielen können, verstolperte aber. "Das hätte gepasst, dass er trifft", urteilte Schachner.

Wenigstens blieb den Löwen diese Schmach erspart. Ein Trost war das kaum, denn das Thema Aufstieg ist ab sofort keines mehr. "Wenn der Trainer nicht mehr davon träumt, wie soll sich dann dieser Optimismus auf die Mannschaft übertragen", fragte Schachner. Das klingt in der Tat nach einem Widerspruch.

© SZ vom 22.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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