TSG Hoffenheim:Wie die Nattern

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Kevin Volland (re.) foult Kerem Demirbay - und sieht dafür die rote Karte. (Foto: Martin Meissner/AP)

Das Team von Julian Nagelsmann gewinnt 3:0 in Leverkusen und setzt seine beachtliche Siegesserie fort - und das, obwohl vor der Saison der nominell beste Spieler ging. Die Gründe für den Erfolg lassen sich am besten anhand von Einzelschicksalen erklären.

Von Milan Pavlovic, Leverkusen

Hoffenheim? Warum ist der Abstiegskandidat der vergangenen Jahre nach acht Spielen noch ungeschlagen? Warum hat der Klub, der vor der Saison seinen nominell besten Spieler (Kevin Volland) abgegeben hat, die vergangenen vier Spiele gewonnen? Dafür gibt es eine Menge Gründe, die viel mit den üblichen Erfolgsmechanismen des Betriebs zu tun haben (Selbstvertrauen, Lauf, Teamwork, Kompaktheit) - sich aber am besten anhand von Einzelschicksalen erklären lassen. Zum Beispiel Kerem Demirbay. Der Deutsch-Türke, der in der Vorsaison dem Hamburger SV nicht gut genug war (und nach Düsseldorf in die zweite Liga ausgeliehen wurde), stand zu Beginn der Saison auf keiner Liste, arbeitete sich erst im vierten Spiel in die Startelf der TSG - ist aber ein wichtiger Faktor für den Erfolg der vergangenen Wochen geworden. Nach dem 3:0-Sieg schwärmte er: "Was mich hier beeindruckt: Wir sind eine super Einheit. Jeder Einzelne ist für den anderen da - auf wie neben dem Platz." Man wachse gemeinsam als Mannschaft und sei "nicht zu schnell zufrieden".

In Leverkusen zwang Demirbay in der fünften Minute ausgerechnet Kevin Volland in einen Sprint, an dessen Ende eine kleine Berührung stand - und die rote Karte für den Ex-Hoffenheimer: "Es tut mir echt leid für Kevin", sagte Demirbay mit einem Gesichtsausdruck, wie man ihn von Figuren aus Disney-Filmen kennt, die einen zum Heulen bringen - dabei hat er mit Volland nie zusammen gespielt. Die Überzahl spielte Hoffenheim beängstigend souverän aus, Demirbay erzielte rasch das 1:0. In der Liste der Teams, die gegnerische Fehler wie Nattern ausnutzen, liegt Hoffenheim zusammen mit Berlin, Frankfurt, Köln und Leipzig weit vorne.

Oder zum Beispiel Sandro Wagner: Der Stürmer, der nach seinen 14 Toren für Darmstadt in der Vorsaison fast überall hätte hingehen können, entschied sich für Hoffenheim, weil er dort Leader und Schütze sein kann. In Leverkusen erzielte er ein Tor selbst im Stil eines klassischen Neuners - legte aber auch zwei Tore mit Zuspielen außerhalb des Strafraums auf.

Und zum Beispiel Steven Zuber. Er fand sich bis Samstag oft auf der Tribüne wieder. In Leverkusen agierte er umsichtig und erzielte das 3:0. "Er ist der beste Beweis dafür, dass es nicht bloß ein Spruch ist, dass man sich bei mir in kurzer Zeit ins Team arbeiten kann", sagte Trainer Julian Nagelsmann über seinen Glücksgriff. Es war nicht der erste dieser Saison.

Überhaupt Nagelsmann. Seit er Cheftrainer geworden ist, holte er in 22 Spielen 39 Punkte, nur Bayern und Dortmund waren erfolgreicher. Am Samstag überholte 1899 in dieser Statistik Leverkusen.

© SZ vom 24.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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