Transfer-Spiele:Schüsse aus der Wasserpistole

Lesezeit: 2 min

Die Kaufkraft der deutschen Klubs ist im Vergleich zu Spanien, England und Italien bescheiden. Dennoch haben die meisten Vereine investiert wie noch nie.

Philipp Selldorf

Wie viel der FC Villarreal verlangt hätte für seinen argentinischen Spielmacher Riquelme, das hat Andreas Müller lieber gar nicht in Erfahrung bringen wollen. ,,Sieben Millionen? Zehn? Zwölf? Am Ende wären's wahrscheinlich 18 gewesen'', vermutet der Manager von Schalke 04. Riquelme, 29, 41 Einsätze für Argentinien, ist, wie man in der Branche sagt, ,,auf dem Markt'', er würde auch ziemlich genau in die Schalker Bedarfslücke passen, aber die Erkundigung hat sich Andreas Müller aus Gründen der Selbstachtung erspart. ,,Brauchen wir uns nicht mit zu beschäftigen'', meint er, ,,es ist doch so: Wir haben die Wasserpistolen, die anderen die Maschinengewehre.''

Mangels Facharbeitermangel im Sturm holte Bremen den zuletzt verhinderten Toreschießer Boubacar Sanogo aus Hamburg für bis zu sechs Millionen Euro. (Foto: Foto: dpa)

Die anderen, das sind Klubs wie Atletico Madrid, Siebter in Spanien, oder Manchester City, 14. in England. ,,Manchester City gibt mal eben für drei Spieler 25 Millionen aus, Atletico holt Agüero für 20'', stellt Müller fest, um eilig anzufügen: ,,Aber wir beklagen uns nicht. So ist das Geschäft.'' Nicht nur Müller hat jedoch Probleme, nicht ins Lamentieren zu verfallen. Die Kaufkraft der Konkurrenten in England, Spanien oder Italien überfordert die Budgets der deutschen Spitzenklubs.

,,Überhitzt'' sei der Transfermarkt, hat Klaus Allofs in Bremen festgestellt. Die Preise seien ,,explodiert'', sagt Stuttgarts Manager Horst Heldt, der die Folgen eines eklatanten Facharbeitermangels konstatiert. Innenverteidiger und Mittelstürmer waren besonders gefragt, also auch besonders teuer. Acht Millionen Euro überweist der VfB für den rumänischen Angreifer Marica an Schachtjor Donezk. 21 Jahre ist Marica alt. Bremen bezahlt bis zu sechs Millionen für Sanogo, dessen Jahr in Hamburg wirklich keine Werbung bedeutete. Aber er ist halt Stürmer.

170 Millionen Euro haben die Bundesligaklubs in die Verstärkungen ihrer Kader investiert, eine nie erreichte Summe. Auf den FC Bayern München entfallen allein 70 Millionen - die stillen Folge- und Extrakosten nicht eingerechnet. Mehrere Klubs verbuchen ihre ganz persönlichen Rekordtransfers: Bayern bei Ribéry (25 Millionen), Bremen bei Carlos Alberto (8,5 Millionen), Cottbus bei Sörensen (1,1 Millionen).

Wobei Manager Uli Hoeneß in München mit Recht erschrocken ist: ,,25 Millionen Euro - das sind ja 50 Millionen Mark!'' Den versteckten Kostensprung durch die Euro-Anpassung gibt es eben nicht nur bei der Pizza Margherita im Restaurant, sondern auch an der Fußballerbörse. Der Konsum regelt sich wie im echten Leben. Der FC Bayern kauft in Italien und Frankreich ein, Schalke und Dortmund in der Schweiz, Cottbus in Kroatien, Rumänien und auf Zypern.

© SZ vom 9.8.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: