Tour de Ski:Unerwarteter Widersacher

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Angezählt: Dario Cologna plagt seit dem zweiten Tour-Sprint der Tour de Ski am Neujahrstag ein Reizhusten. Ob er die finale Etappe überhaupt mitläuft, ist noch nicht sicher. (Foto: Gian Ehrenzeller/AP)

Der Rekordsieger Dario Cologna kämpft vor dem finalen Anstieg der Tour de Ski statt mit den Gegnern mit seiner Gesundheit. Der Schweizer überlegt nun sogar, vorzeitig auszusteigen.

Von Christian Brüngger, Lago di Tesero

Wenn im Zielraum statt des Schweizer Langläufers Dario Cologna sein Doktor redet, ist klar: Da ist etwas ziemlich falsch gelaufen. Denn Patrik Noack, der verantwortliche Arzt der Schweizer, erwähnte nach der vorletzten Etappe dieser Tour de Ski im Val di Fiemme Colognas Leistung mit keinem Wort. Da gibt es vordergründig auch nicht viel zu sagen.

Bloß 24. wurde der 32-Jährige bei der Tour de Ski über 15 km klassisch im Massenstart, 1:05 Minuten hinter Sieger Johannes Klaebo aus Norwegen. Statt also an diesem Sonntag zum Abschluss der Tour den Berg hinauf zur Alpe Cermis zu stürmen, überlegt sich der viermalige Tour-de-Ski-Sieger Cologna als Zwölfter im Gesamtklassement gar, ob er das finale Kraxeln überhaupt bewältigt.

Darum steht also Noack im Zielraum und hält seine Sprechstunde, indem er erklärt, was passierte: Seit dem zweiten Tour-Sprint am Neujahrstag plagt Cologna ein Reizhusten. Er wird durch kalte (Höhen-) Luft gepaart mit hoher Anstrengung ausgelöst. Colognas Körper vermag die kalte Luft dann nicht mehr entsprechend zu erwärmen, bevor sie in die Bronchien strömt.

Arzt Noack: "Wir haben ausgereizt, was wir können."

Betroffen ist Cologna von diesem sogenannten Kälteasthma schon lange, nur glaubte man in seinem Team, das Problem über die Jahre dank Inhalation mit Medikamenten in den Griff bekommen zu haben. Nun muss Noack bilanzieren: "Wir haben uns geirrt und sind entsprechend enttäuscht. Das ist fraglos ein Rückschlag."

Auf die Schnelle wüsste Noack, der Schweizer Chef-Mediziner bei Olympischen Spielen, nämlich nicht, was sie verändern könnten. "Wir haben ausgereizt, was wir können." Auf jeden Fall schüttelte es Cologna nach dem Rennen dermaßen durch, dass er sofort Inhalationshilfe beanspruchen musste und im Teambus verschwand.

Wenn er von solchen Hustenattacken geplagt wird, verkrampfen sich Zwerchfell und andere ­Teile seiner Muskeln. Entsprechend müssen sie vom Physiotherapeuten wieder gelöst werden. Insgesamt verlangsamt sich dadurch die ­Erholung, was in einem Mehretappenrennen wie der Tour natürlich nachteilig ist − und schon in der Vergangenheit dazu führte, dass der Rekordsieger glaubte, mit ­seiner alten Tour-Liebe ­abgeschlossen zu haben.

Dann folgten im letzten Winter die Wende und der vierte Titel. Fairerweise muss man sagen, dass der 32-Jährige diesmal auch ohne den unerwarteten Gegner niemals gesiegt hätte. Dafür ist seine Form zu bescheiden. Den finalen Beweis dafür lieferten diese 15 Kilometer im Val di Fiemme auf einer Rundstrecke, die ihm behagt − zumindest, wenn es bei ihm läuft.

Cologna stürzt schon wieder

Gestern fiel der Rekordsieger zweimal auf: Als er sich früh im Rennen zahlreiche Bonussekunden im ersten Zwischensprint sicherte - und ­Minuten danach in der steilen Abfahrt stürzte. Wieder einmal, muss man sagen. Cologna hört es zwar ungern, wenn man feststellt, dass er im Verhältnis zu anderen Toplangläufern überdurchschnittlich oft zu Boden geht. Nur lässt sich dieser Fakt nicht leugnen. Irgendwie harmonieren Schussfahrten und der Olympiasieger nicht wirklich. Auf jeden Fall agierte er nach dem Sturz schwächer: Lief er davor achtsam an der Spitze, büßte er in der ­Folge stetig an Sekunden ein.

Selbst wenn er die Tour beendet, wird es wohl seine schlechteste seit seinem Durchbruch vor zehn Jahren. Bislang war er nie schlechter als Gesamt-Vierter. Dies offenbart, was für ein überragender Tour-Teilnehmer er ist. Die Bilanz erklärt, warum man ihn bei der ­Serie stets zum Mitfavoriten macht und Ränge fern der Top Drei als Niederlagen deutet. Cologna ist so ein bisschen Opfer seines Erfolgs.

© SZ vom 06.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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