Tischtennis:Ein beschaulicher Hotspot

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Das Bundesliga-Derby zwischen dem TSV Bad Königshofen und Neu-Ulm muss verschoben werden. Der Grund ist eine Hochzeitsfeier - auch die Fußball-Regionalliga ist betroffen.

Von Andreas Liebmann

Für den Titel "Prophet des Jahres" wird es nicht ganz reichen, so außergewöhnlich war Andreas Alberts Einschätzung dann doch wieder nicht. Aber dass der Manager des Tischtennis-Erstligisten TSV Bad Königshofen schon lange vor dem Auftakt in die neue TTBL-Runde vor einer schwierigen Saison voller Unwägbarkeiten gewarnt hat, lässt sich zurückverfolgen. Vermutlich hätte er trotzdem nicht geahnt, wie früh seine Prognose sich bewahrheiten und wie arg es ausgerechnet seinen kleinen Verein im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie erwischen würde. Zurzeit dient der beschauliche Marktplatz des 6000-Einwohner-Städtchens als Kulisse für Meldungen über einen neuen Corona-Hotspot. Vor einigen Tagen wurde hier die erste Schule geschlossen und auch das für Sonntag geplante TTBL-Heimspiel der Unterfranken, ausgerechnet das bayerische Derby gegen Neu-Ulm, ist nun auf unbestimmte Zeit verschoben. "Gesundheit geht vor", betont Albert, "aber das raubt natürlich Motivation."

Nach einer Hochzeitsfeier waren die Fallzahlen im Raum Bad Königshofen stark gestiegen. Anfang der Woche wurden Hunderte Kontaktpersonen getestet, die Zahl der Neuinfektionen liegt bei mehr als 40. Inzwischen sind alle Schulen, Kindergärten und natürlich Sporthallen geschlossen, auch aus der Tischtennisabteilung befänden sich Mädchen in Quarantäne, berichtet Albert. Bereits nach den ersten Meldungen habe er "so eine Vorahnung gehabt", erzählt er, und am Samstag beim TTC Neu-Ulm wegen eines eventuellen Heimrechttauschs angefragt. Doch der Gegner habe so kurzfristig keine Halle zur Verfügung gehabt. Die Partie musste verlegt werden, ein neuer Termin steht noch nicht fest.

Auch das Fußballspiel des Regionalligisten Aubstadt fällt aus

"Wenn es bei einem Spieltag bleibt, kriegen wir das hin", sagt Albert; kämen mehr hinzu, werde es schwierig. Natürlich hat nicht nur die Sportart Tischtennis mit den unvorhersehbaren Begleiterscheinungen der Pandemie zu kämpfen, so ist zum Beispiel auch die Absage der Fußballpartie des benachbarten Regionalligisten TSV Aubstadt gegen den VfR Garching an diesem Samstag auf dieselbe Hochzeit zurückzuführen. Die TTBL ist bislang aber schon besonders betroffen. Es ist ja erst der zweite Spieltag, der für dieses Wochenende anberaumt ist. Am ersten war bereits das Duell zwischen Ochsenhausen und Saarbrücken verlegt worden, nachdem in Saarbrücken ein Spieler positiv getestet und ein weiterer in Quarantäne geschickt worden war. Auch Abdel-Kader Salifou, Zugang des TSV Bad Königshofen, hatte sich dort infiziert. Sein Verein empfing den Auftaktgegner Fulda dann zwar trotzdem und feierte ohne Salifou einen überraschenden 3:0-Sieg - im Gegensatz zu anderen Vereinen allerdings ohne Zuschauer.

Dieses Mal hätten sie dabei sein sollen. "Unser Hygienekonzept war fertig", klagt Albert. Etwa 170 Zuschauer hätten sie eingelassen, 20 Prozent der üblichen Sitzplätze - nicht viel für den Verein mit den zweitmeisten und vielleicht euphorischsten Anhängern der Liga, aber allemal besser als die nächste Geisterkulisse. Viele Sponsoren hätten zugunsten der Fans und der Stimmung sogar auf ihre Kartenkontingente verzichtet. "Eine tolle Geste", findet der Manager. "Auch die Spieler waren heiß", so Albert, einschließlich Salifou, der ja vom TTC Neu-Ulm kam, der das Virus überstanden habe und wieder voll einsatzfähig sei.

Am Freitag in einer Woche steht das Auswärtsspiel in Bremen an, zwei Tage darauf das Pokal-Achtelfinale bei Serienmeister Düsseldorf, dann "käme" das Heimspiel gegen Bergneustadt - Corona-Konjunktiv. Medial sei der Auftakt gegen Fulda ein wenig kurz gekommen, findet Albert und fügt mit bitterem Lachen an, dass dieses Mal sogar das Fernsehen wieder Interesse hatte: "Jetzt sind wir in aller Munde - leider nur wegen Corona."

© SZ vom 24.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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