Tennis:Siegersekt statt Sofabier

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Martin Klizan war mal der Newcomer des Jahres auf der Tour, doch dann bog seine Karriere in die falsche Richtung ab. In Kitzbühel zeigt der Slowake: Er ist immer noch ein talentierter Spieler.

Von Felix Haselsteiner, Kitzbühel

Sekt-Dusche in den Alpen: Martin Klizan (links), 29, gewinnt in Kitzbühel seinen sechsten ATP-Tour-Titel. (Foto: Stefan Adelsberger/AFP)

Über die Sektdusche schien sich Martin Klizan nach seinem Sieg am meisten zu freuen. 44 Grad hatte das Thermometer am Samstag während des Finals auf dem Center Court in Kitzbühel gemessen, da war eine Abkühlung schon mal wichtiger als der Pokal oder der Siegerscheck, jedenfalls zunächst. Klizan, 29, schloss die Augen und ließ sich den Sekt durch die Haare laufen, dann schüttelte er sich kurz, hob die Hände und genoss den Jubel der Zuschauer. Es war der große Triumph nach einer ereignisreichen Woche.

Am Samstag zuvor nämlich hatte Martin Klizan fast schon aufgegeben. In der ersten Qualifikationsrunde für das Hauptfeld in Kitzbühel lag der Slowake 4:6 und 2:4 gegen den Argentinier Facundo Bagnis zurück. "Eigentlich hatte ich mich da schon mit der Niederlage abgefunden auf mein Sofa und ein Bier zuhause gefreut, so müde war ich", erzählte Klizan später. Doch er drehte das Spiel, schlug den Österreicher Gerald Melzer im Finale der Qualifikation, dann den Österreicher Sebastian Ofner in der ersten und schließlich den Österreicher Dominic Thiem in der zweiten Runde. Wirklich beliebt gemacht hatte er sich nicht beim so frenetisch jubelnden Heimpublikum von Kitzbühel, das bei Spielen mit rot-weiß-roter Beteiligung fast schon Davis-Cup-Stimmung erzeugte.

Weil keine Österreicher mehr da waren, die er schlagen konnte, gewann Klizan ebenjenes Publikum in einem hochklassigen Viertelfinale gegen Dusan Lajovic doch noch für sich. 4:6, 7:6 und 6:2 schlug er den Serben, immer wieder stachelte er die Zuschauer an, wehrte zwei Matchbälle ab und beendete die Partie erst spätabends, als die Restaurants in Kitzbühel schon geschlossen hatten, also setzten Klizan und sein Physiotherapeut sich in ein Fast-Food-Restaurant. "Der Burger gestern war unheimlich wichtig", sagte Klizan tags darauf mit einem Schmunzeln auf der Pressekonferenz nach seinem Sieg im Halbfinale gegen den jungen Spanier Jaume Munar. Dann sprach er davon, dass er endlich ein paar Stunden zum regenerieren hätte und humpelte Richtung Behandlungszimmer.

Klizan stieß zwischenzeitlich auf Platz 24 vor, doch der große Wurf gelang ihm nie

Im Finale am Samstag war Klizan anzusehen, dass er nicht mehr allzu viel Saft hatte. Also spielte er noch aggressiveres Tennis als ohnehin schon, suchte mit seinen wuchtigen Vorhandschlägen noch konsequenter die Ecken des Platzes, spielte insgesamt 15 Stoppbälle und tat alles dafür, die Ballwechsel kurz zu halten. Es gelang ihm in Perfektion. Sein Gegner Denis Istomin, der ebenfalls als Qualifikant ins Finale gekommen war, hatte Klizan nichts entgegenzusetzen. Vielmehr schien er sich nach dem letzten Punkt für seinen Gegner zu freuen, die beiden sind Trainingspartner und gute Freunde, sie umarmten sich am Netz herzlich, Istomin gratulierte seinem Kontrahenten ausführlich.

Klizans Erfolg kommt nicht von ungefähr: Seit dieser Saison coacht ihn der ehemalige slovakische Topspieler Dominik Hrbaty. (Foto: Matthias Hauer/imago)

Das hätten die meisten Spieler der ATP-Tour ebenfalls getan, sie alle kennen die Tennis-Geschichte von Martin Klizan. 2006 gewann Klizan den Juniorenwettbewerb der French Open, sechs Jahre später wählten ihn die Tour-Spieler bei den Jahresawards zum Newcomer des Jahres. Klizan hielt sich daraufhin in den Top 50 der Weltrangliste, zwischenzeitlich stieß er sogar auf Platz 24 vor, der ganz große Wurf gelang ihm allerdings nie. Immerhin sechs Turniersiege sammelte er, darunter die Titel 2014 in München und 2016 in Hamburg. 2017 verletzte sich Klizan schwer und fiel in der Weltrangliste auf Platz 184 zurück.

Von dort aus kämpfte er sich nun wieder nach vorne, über kleine Challenger-Turniere und durch die Qualifikationen. Mit dem Sieg in Kitzbühel wird Klizan wieder unter die Top 100 zurückkehren, das garantiert ihm Startplätze im Hauptfeld. Dominic Thiem sagte nach seiner Viertelfinal-Niederlage, dass sein Gegner eigentlich auf eine viel bessere Position in der Weltrangliste gehört. Wer Martin Klizan auf seinem Weg zum Titel in Kitzbühel beobachten konnte, würde dem nichts entgegnen.

© SZ vom 05.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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