Tennis:Kalt erwischt

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Die Absage von Australian-Open-Gewinnerin Angelique Kerber als Spitzenspielerin trifft Nürnbergs WTA-Turnier hart. Die Bemühungen um eine alte Bekannte als Ersatzfrau scheitern.

Von Philipp Schneider

Am Freitagnachmittag wurde es plötzlich hektisch auf dem Gelände des 1. FC Nürnberg. Am letzten Tag vor Turnierstart sind ja oft noch Kleinigkeiten zu erledigen für Sandra Reichel, die Veranstalterin der kleinen WTA-Veranstaltung. Manchmal müssen noch Teile der Haupttribüne errichtet, sehr oft noch Steckdosen verlegt werden. Die Österreicherin Reichel, 44, koordiniert dann alles am liebsten selbst, packt mit an. Allein schon, weil sie das Gefühl hat, dass es kein Problem gibt, für das sich keine Lösung finden lässt. Am Freitagmorgen allerdings erhielt Reichel einen Anruf, der selbst ihr den sandigen Boden unter den Füßen weggeweht haben dürfte: Die Weltranglistenzweite Angelique Kerber teilte Reichel mit, sie werde verletzungsbedingt doch nicht antreten können.

"Das hat mich schon kalt erwischt", erzählt Reichel später. Kerber sei am Telefon "sehr am Boden, sehr emotional" gewesen. Kurz darauf versendete Kerber auch eine sehr emotionale Nachricht auf ihrem Twitter-Kanal: "Es tut mir sehr leid, aber wegen Schulterproblemen muss ich leider meinen Start in Nürnberg zurückziehen", schrieb sie: "Ich bin sehr traurig, dass ich nicht vor meinem fantastischen Heimpublikum spielen kann."

Wenn bei einem Turnier die Spitzenspielerin kurzfristig ausfällt, ist das immer eine schlechte Nachricht. In Kerbers Fall ist die Absage speziell in diesem Jahr noch etwas bedauerlicher. Nürnberg ist neben dem in Stuttgart das einzige Turnier, auf dem sich die Australian-Open-Siegerin in ihrer Heimat hätte zeigen können. Sehr schade sei die Absage, sagt Reichel, "aber wenn ihr der Arzt rät, sie soll nicht spielen, dann ist das so".

Um Bouchard zu gewinnen, reicht die Zeit nicht mehr

Unter der Woche hatte Reichel noch ihre Freude darüber äußern können, erstmals zwei Spielerinnen aus der Top10 für den Wettbewerb in Nürnberg gewonnen zu haben. Nun bleibt als Frontfrau die Italienerin Roberta Vinci, Nummer sieben der Welt. "Wir haben trotzdem noch Zugpferde am Start und genug deutsche Spielerinnen", sagt Reichel, verständlicherweise schwingt Trotz mit. Tatsächlich fehlen nur die Deutschen Andrea Petkovic und Kerber, Annika Beck und Sabine Lisicki zählen nun zum Favoritenkreis. Gemeldet sind auch Julia Görges, Anna-Lena Friedsam, Laura Siegemund, Carina Witthöft und Katharina Hobgarski.

Nachdem Reichel um Viertel vor zwei am Nachmittag erfahren hatte, dass sie ohne Kerber planen muss, versuchte sie noch die Kanadierin Eugenie Bouchard zur Teilnahme zu überreden, die vor zwei Jahren in Nürnberg triumphierte. Bis zum Meldeschluss um 16 Uhr wäre das möglich gewesen. "Ich habe sie noch erreicht in ihrem Hotelzimmer in Rom, aber in nur zwei Stunden war nichts mehr möglich", sagt Reichel.

Dass Kerber in diesem Jahr überhaupt für das Turnier der kleinsten WTA-Kategorie gemeldet hatte, hatte viele Beobachter überrascht. Zeitlich liegt es in einer nicht gerade beliebten Woche: Es folgt auf die weit höher dotierten Turniere in Madrid und Rom und liegt unmittelbar vor den French Open. Spielerinnen, die in Paris um den Turniersieg mitspielen können und wollen, schonen sich in dieser Zeit gerne für den Höhepunkt der Sandplatzsaison. Kerber hätte wohl sehr gerne in Nürnberg gespielt, aber schon in Madrid und Rom bereitete ihr die Schulter so große Probleme, dass sie jeweils in der ersten Runde ausschied. Sie werde sich jetzt behandeln lassen, teilte Kerber mit: "Um im Hinblick auf Paris kein Risiko einzugehen."

© SZ vom 14.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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