Synchronschwimmen:Geschminkte Männer in Badeanzug

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Bei der bislang reinen Frauen-Sportart Synchronschwimmen dürfen zum ersten Mal auch Männer an der Weltmeisterschaft teilnehmen.

Aus der Ferne sind es Synchron-Duos wie sonst auch. Und auch aus der Nähe betrachtet fallen die teils geschminkten Männer in fantasievollen Badeanzügen oder bunten Hosen zumindest in der ohnehin grellen Welt des Synchronschwimmens nicht aus dem Rahmen. Was etwa vom russischen Sportminister naserümpfend als "dumme Entscheidung" vorab verurteilt wurde, erweist sich als weiterer Schritt zur Gleichberechtigung im Sport - wenn auch unter umgekehrten Vorzeichen.

Diesmal erklären die Männer, warum sie unter Wettkampfbedingungen eine Sportart betreiben wollen, die bisher dem anderen Geschlecht vorbehalten war. "Ein Traum wurde wahr", sagte Bill May über den Vorkampf bei der Schwimm-WM in Kasan. Der Amerikaner durfte 2004 auf Geheiß des US-Verbandes nicht bei Olympia in der reinen Frauen-Disziplin antreten. Er trat zurück und betrat nach der Entscheidung des Weltverbandes Fina Ende vergangenen Jahres wieder die Synchronschwimm-Bühne. "Es ist so aufregend, ich fühle mich so geehrt, hier bei den Besten zu sein", sagte May und wiederholte die Frage, auf die selbst hartgesottene Schwimm-Funktionäre nicht mehr so recht eine Antwort wussten: "Beim Eiskunstlaufen geht es doch mit Frauen und Männern auch, warum nicht im Synchronschwimmen?"

May berichtet von viel Rückhalt in den USA. Deutlich weniger Zuspruch erhielten die Russen Alexander Malzew und Darina Walitowa in der dominierenden Synchronschwimm-Nation. Zwar wurde das Duo von den tausenden Zuschauern nach dem Vorkampf-Sieg ebenso frenetisch gefeiert wie andere Lokalmatadoren. Russische Politiker aber hatten sich zuvor kritisch über Männer in der bisherigen reinen Frauen-Sportart geäußert. Auch Olympiasiegerin Swetlana Romaschina sprach sich "kategorisch gegen Männer in unserer Sportart" aus.

Ein Soldat mit Koppel, Gürtel und balletttänzerischen Fähigkeiten

"Bei uns gibt es unterschiedliche Meinungen. Ich habe kein Problem, meine artistischen und balletttänzerischen Fähigkeiten zu zeigen", sagte Malzew. Er trat im Badeanzug im Look eines Rotarmisten an. Mit Koppel und Gürtel interpretierte er einen Soldaten, der seinem Mädchen Adieu sagen muss.

Teils geschminkt und die Haare mit Gelatine fixiert wie die Erstplatzierten Malzew oder May; teils aber auch am Körper unrasiert wie der junge Italiener Giorgio Minisini waren die Outfits der Synchronschwimmer ganz unterschiedlich. "Natürlich haben einige Vorurteile, aber ich mache das, was ich am besten kann", sagte Minisini zu den Reaktionen in seiner Heimat.

Dass es letztlich vor allem um Sport geht, bewies auch der erste Kommentar des Russen Malzew. Im Vorkampf der Technischen Kür, an dem insgesamt sechs Paare teilgenommen haben, lag er mit seiner Partnerin Darina Walitowa am Samstag in Kasan vorne. Auf Platz zwei und drei folgten Bill May und Christina Jones aus den USA und Giorgio Minisini und Manila Flamini aus Italien. Zufrieden war Malzew trotzdem nicht. "Wir haben zu viele Fehler gemacht. Das müssen wir im Finale besser machen." Die Gelegenheit dazu hat er am Sonntagabend.

© SZ vom 26.07.2015 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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