Streit im Ruderverband:Rudern in zwei Richtungen

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"Ich habe das Gefühl, sie musste jetzt unbedingt nachtreten. Ich frage mich aber: Warum? Wir haben geliefert und sind erfolgreich mit dem, was wir tun", sagt Heino Zeidler. Sein Sohn und Schüler Oliver hielt bei dem WM in Racice als einziger die deutsche Fahne hoch und gewann Gold im Einer. (Foto: Jan Stastny/dpa)

Nach der desaströsen EM eskaliert der Streit zwischen Weltmeister Oliver Zeidler - dem einzigen Medaillengewinner bei der WM in der vergangenen Woche - und Bundestrainerin Brigitte Bielig.

Die Bundestrainerin nahm kein Blatt vor den Mund. Ziel ihres Zorns ist ausgerechnet Oliver Zeidler, der einzige aktuelle Weltmeister des Deutschen Ruder-Verbandes (DRV) in den olympischen Klassen. Sie habe "tatsächlich auch individuelle Gespräche geführt", sagte Brigitte Bielig der Sächsischen Zeitung, aber von strukturellen Problemen oder personellen Konsequenzen habe sie "aus seinem Mund nie etwas gehört. Ich muss schon sagen, das war unterste Schublade." Zeidler hatte den DRV rund um die enttäuschende Heim-EM öffentlich massiv kritisiert und im Interview mit dem Sport-Informationsdienst vor der WM in der vergangenen Woche betont, man habe die Kritik auch "intern bereits mehrmals angesprochen". Gegenüber Sport1 nannte Zeidler konkret ein Gespräch im Trainingslager in Lago Azul, in dem er Sportdirektor Mario Woldt als "Totalausfall" bezeichnet habe.

Sein Vater und Trainer Heino Zeidler zeigte ebenfalls kein Verständnis. Es sei "einfach peinlich". Bielig habe "hin und wieder das Problem, die Wahrheit zu akzeptieren". Obwohl die WM vorbei sei und man am Boden liege, fange sie wieder an, "Pfeile gegen uns zu schießen", sagte Zeidler: "Das macht man so sicher nicht." Er habe "das Gefühl, sie musste jetzt unbedingt nachtreten. Ich frage mich aber: Warum? Wir haben geliefert und sind erfolgreich mit dem, was wir tun." Bei der für den DRV historisch schwachen WM in Racice/Tschechien holte Weltmeister Oliver Zeidler, 26, die einzige deutsche Medaille in den olympischen Bootsklassen. Er habe Bieligs "bisher desaströse Bilanz als Cheftrainerin aufgebessert", sagte Zeidler süffisant.

Brigitte Bielig ist seit Ende 2021 Bundestrainerin der deutschen Ruderer. (Foto: Daniel Reinhardt/dpa)

Bielig sieht das anders. "Wir haben einen neuen Vorstand, den Leistungssport in der Hauptverantwortung des Sportdirektors. Wir haben so viel neu angestoßen, dass das auch Zeit braucht." Die Beratung durch eine externe Agentur begrüßt Bielig: "Es ist doch gut, wenn jemand von außen draufschaut. Ich bin überzeugt, so viel machen wir nicht falsch."

Laut der Bundestrainerin, die seit Oktober 2021 im Amt ist, benötigt der Verband Zeit, um wieder den Anschluss an die Weltspitze herzustellen. Für die Sommerspiele in Paris 2024 sei das Ziel nicht, "dass wir das Ergebnis von Olympia groß verbessern können", sagte Bielig: "Wenn wir die zwei Medaillen von Tokio 2021 wieder erreichen, hätten wir unser Ziel erreicht. Unser langfristiger Aufbau geht bis 2028." Heino Zeidler, der mit seinem Sohn eigenständig an der Regattastrecke in München-Oberschleißheim trainiert, glaubt nicht an Veränderungen. "Man macht sich da etwas vor", sagte der Polizeibeamte, der nach eigenen Angaben mit 500 Euro monatlich vom Verband unterstützt wird: "Dieser Betrag reicht nicht aus, um beim Arbeitgeber kürzer zu treten. Das ist beim DRV sehr wohl bekannt, aber es wird gefühlt nichts getan, um diesen Zustand zu ändern."

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