Stasi-Kontakte:Ingo Steuer bleibt eine unerwünschte Person

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Das NOK prüft alle rechtlichen Mittel gegen den Stasi-Spitzel. Vor allem, um zukünftigen Fällen vorzubeugen.

René Hofmann

Das Nationale Olympische Komitee für Deutschland (NOK) wird das Urteil des Berliner Landgerichtes im Nominierungsstreit mit Eiskunstlauf-Trainer Ingo Steuer nicht hinnehmen. "Wir prüfen alle rechtlichen Möglichkeiten", sagte NOK-Präsident Klaus Steinbach am Dienstag in Turin. Am Tag zuvor hatte das Landgericht Berlin den Widerspruch des NOK gegen die einstweilige Verfügung zurückgewiesen, mit der sich Steuer die Möglichkeit erstritten hatte, das Eiskunstlaufpaar Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy zu begleiten. "Inhaltlich", sagte NOK-Generalsekretär Bernhard Schwank, "hat sich an unserer Position nichts geändert."

Freut sich über die Nominierung: Ingo Steuer. (Foto: Foto: dpa)

Weil er zwischen 1985 und 1989 eifrig für die Stasi spitzelte, weil er bis heute keine Reue zeigte und weil er bei seiner Einstellung als Sportsoldat die Vergangenheit leugnete, gehört Steuer nicht aufs "Spielfeld des Fairplays", findet Steinbach. Die Kommission des Deutschen Sportbundes (DSB), die sich seit zwölf Jahren um die Aufarbeitung der Stasi-Geschichte im Sport kümmert, findet das auch.

Auf ihren Vorschlag hin hatte das NOK-Präsidium am 25. Januar einstimmig Steuers Nominierung abgelehnt. Weil ihm über das Procedere keine detaillierten Unterlagen vorlagen, hatte Richter Wolfgang Krause am Montag geurteilt, er könne bei Steuers Verbannung keine "rechtsstaatlichen Grundsätze" erkennen.

Paragrafen-Streit

Gegen das Urteil wird das NOK vor dem Kammergericht in Berlin in Berufung gehen. Anders als vom Richter unterstellt, habe man Steuers Ausschluss sehr wohl umfassend geprüft. Darüber hinaus müsse das Komitee autonom bleiben in der Entscheidung, wen es zu Olympischen Spielen mitnimmt. Auch persönliche Versäumnisse wirft Steinbach dem Richter vor. Der habe gegen Paragraf 139der Zivilprozessordnung verstoßen, weil er dem NOK zuvor keinen Hinweis habe zukommen lassen, in welchen Unterlagen er in der Verhandlung gerne blättern würde.

Der Advokat hat an der Aufmerksamkeit, welche der Fall auf sich zog, sichtlich Gefallen gefunden. Nach dem Urteil trat er bereitwillig vor die Kameras, um es zu erklären. Die schriftlich formulierte Urteilsbegründung - Voraussetzung für die Berufung - liegt ebenfalls schon vor. Trotzdem ist es unwahrscheinlich, dass die nächste Instanz noch vor dem Samstag entscheidet, wenn die Paarlauf-Konkurrenz beginnt.

Freie Luft für die Athleten

Kurzfristig von der Bande verbannen könnte Steuer allerdings die Ad-hoc-Kammer des Sportgerichtshofes Cas. Sollten die Juristen prophezeien, dass der Schritt Erfolg verspricht, ist das NOK entschlossen, auch dieses Gericht anzurufen. "Unsere Auffassung ist klar: Es ist unverantwortlich, mit einer solchen Vergangenheit so umzugehen", sagt Klaus Steinbach.

Die Entschlossenheit im Fall Steuer steht allerdings im eklatanten Widerspruch zu einem anderen Anliegen des Chefs de Mission. "Ab heute ist das Thema für die deutsche Olympiamannschaft zu Ende", will Steinbach verfügen: "Wir müssen jetzt für freie Luft sorgen. Die Athleten brauchen diese Störungen von außen jetzt nicht mehr."

Nach seiner Ankunft dürfte Steuer umgehend zu einem Gespräch gebeten werden. "Wir erwarten, dass er mit der Situation so umgeht, dass er den Rest der Mannschaft nicht belastet", sagt Steinbach. Eine Handhabe, die persona non grata nach dem Wettbewerb aus dem Olympischen Dorf zu verbannen, bietet sich dem NOK nicht. Steuer , Sawtschenko und Szolkowy haben aber angekündigt, nach der Kür am Montag umgehend abreisen zu wollen. Wie es mit dem Paar nach den Olympischen Spielen weitergeht, ist ungewiss.

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass in diesem Fall das letzte Wort gesprochen ist", sagt Reinhard Mirmseker, der Präsident der Deutschen Eislauf-Union. Der Verband hat das Vertrauen in Steuer verloren. Wegen seiner offenkundig falschen Angaben bei der Einstellung läuft er Gefahr, seine Anstellung bei der Bundeswehr zu verlieren. Zuletzt hat er mehrmals anklingen lassen, mit einem Wechsel ins Ausland zu liebäugeln. Die gerade erst eingebürgerte Aljona Sawtschenko würde er dann gerne mitnehmen.

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