Stabhochsprung:Botschaften von Bubka

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Armand Duplantis, 18, gewinnt ein denkwürdiges Finale der Stabhochspringer mit einem U20-Weltrekord. Der Schwede meistert 6,05 und wird sogar von den Konkurrenten geherzt.

Von Saskia Aleythe, Berlin

Sergej Bubka hat einmal einen Satz gesagt, der ihn selbst und vielleicht auch den Stabhochsprung ganz gut beschreibt. "Man muss die Leichtathletik spektakulär darbieten, damit es den Zuschauern bei uns gefällt", sagte der Ukrainer also, "es ist ein Zirkus, und wir sind die Artisten". Bubka überquerte 1985 als erster Mann die Sechs-Meter-Marke, er stellte Weltrekord um Weltrekord auf, per Salamitaktik um je einen Zentimeter, und kam so auf die erstaunliche Anzahl von 35 Bestmarken. Mittlerweile ist er 54 Jahre alt, 36 älter als Armand Duplantis: Das ist der neue Europameister, der sich mit der Konkurrenz in Berlin einen zirkusreifen Wettbewerb lieferte, über den Bubka kaum meckern dürfte.

"Ich bin so glücklich und müde. Ich will Party machen, ich will schlafen, ich weiß gar nicht, was ich machen soll", sagte der erst 18-Jährige, nachdem er mit einem Satz auf 6,05 Meter gewonnen hatte - höher hinaus hat es im Freien bisher nur einen anderen getragen: Bubka. In der Szene ist Duplantis längst bekannt und beliebt: Renaud Lavillenie, der Hallen-Weltrekordhalter und Dominator der vergangenen Jahre, schickte ihm noch am Finaltag eine Nachricht: "Egal, was heute Abend passiert: Hauptsache, wir stehen zusammen auf dem Podium." So kam es dann, recht spektakulär.

Bei 5,80 Metern riss Lavillenie zwei Mal die Latte, im dritten Versuch sprang er dann über 5,85 Meter - und kämpfte weiter, gegen Duplantis und den Russen Timur Morgunow. Letztere erlebten in Berlin einen Abend, von dem Morgunow später sagte: "Ich habe keine Ahnung, was gerade passiert ist." Beide überquerten zum ersten Mal in ihrem Leben die Sechs-Meter-Marke, eine magische für alle Stabhochspringer: Duplantis war mit einer Bestleistung von 5,93 Metern nach Berlin gereist, Morgunow mit 5,92 Metern. Als Duplantis gleich der ersten Versuch über sechs Meter gelang, umarmten ihn die Konkurrenten, da wussten sie noch nicht, dass er gleich noch mal jubeln würde. Als die Latte auf 6,05 Meter hochgeschraubt wurde - U20-Weltrekord sowie Meisterschaftsbestmarke - und Duplantis erneut ins Fliegen kam, blieb er auf der Matte mit dem Gesicht nach unten liegen. Dann tauchte er mit fast ratlosem Gesicht wieder auf: Was soll ich machen, schien er zu sagen, ich bin halt heute so gut! Und die über 43 000 Zuschauer im Stadion machten so viel Lärm, dass der Europameister später sagte: "Ich hoffe, Berlin bekommt wieder eine Meisterschaft." Lavillenie und Morgunow versuchten sich noch vergeblich an 6,05 Metern, der Russe sicherte sich Silber (6,00), Lavillenie Bronze mit Saisonbestleistung (5,95). "Das war einer der epischsten Wettkämpfe überhaupt", sagte der Franzose, der Duplantis auf der Ehrenrunde ins Ohr geflüstert hatte: "Genieße den Moment. Das hast du nicht jeden Tag."

Die New York Times hat Duplantis schon vor einem Jahr eine Homestory gewidmet, mit Anekdoten, wie er früher mit Besenstielen über Sofas hüpfte und als Kind schon Rekorde brach. Duplantis ist in Louisiana geboren, startet aber für das Heimatland seiner Mutter, die selbst Siebenkämpferin und Volleyballerin war. Der Vater hatte auch seine Leidenschaft für den Stabhochsprung, er fand bei immerhin 5,80 Meter seine Grenzen.

Sergej Bubka war dieser Tage auch in Berlin, er schätzt Duplantis, der eines Tages Höhen erreichen könnte, die bisher nur Bubka und Lavillenie gelungen waren. Im April 2017 schickte er einen Tweet hinaus in die Welt, in diesem war ein Foto von den beiden und der Satz enthalten: "Es ist so schön, einen neuen Star heranwachsen zu sehen."

© SZ vom 14.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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