Sportpolitik:"Jeder weiß, wer wir sind"

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Die "Olympischen Athleten aus Russland" verhalten sich bislang sehr unauffällig. Der Umgang mit anderen Sportlern ist normal, nur die gewohnten Erfolge bleiben aus. Weil es noch kein Gold gab, schreiben die heimischen Zeitungen schon vom "großen Scheitern".

Seit Beginn der Wettkämpfe ist es still um die 168 "Olympischen Athleten aus Russland" geworden, die unter dem Kürzel OAR antreten. Weder sportpolitisch noch sportlich fallen sie in Pyeongchang auf. "Sie treten unauffällig auf und sind ganz normal in den Wettkämpfen drin", sagt der deutsche Chef de Mission Dirk Schimmelpfennig: "Dass es andere Voraussetzungen sind als in Sotschi, ist allen bekannt und auch gut so."

Das Internationale Olympischen Komitee (IOC) hatte nach dem russischen Doping-Betrug großen Stils nur ausgewählte Athleten mit einer sauberen Vergangenheit nach Pyeongchang eingeladen - unter neutraler Flagge, ohne Hymne, mit strikten Verhaltensregeln. Benehmen sie sich entsprechend, winkt zur Schlussfeier die Rückkehr auf die Weltbühne des Sports mit allen russischen Insignien.

"Es ist ein normaler Umgang gewesen. Wir kennen die Sportler sehr gut", erzählte die Olympia-Zweite Dajana Eitberger über ihre russischen Rodel-Rivalen. Mit Roman Repilow und Semjon Pawlitschenko habe man ein freundschaftliches Verhältnis. "Sie wollten sicher auch nicht immer auf das Thema angesprochen werden", glaubt Eitberger, "deshalb habe ich versucht, das ganze Thema wegzuschieben, um menschlich sein zu können." Robin Szolkowy, der mit Aljona Savchenko fünfmal Weltmeister im Paarlauf war und jetzt als Trainer mit den Europameistern Jewgenija Tarassowa/Wladimir Morosow Platz vier erreichte, hat bisher "nichts Negatives" über die OAR-Athleten gehört. "Man kennt sich untereinander. Es ist halt nur ein anderes Zeichen auf der Jacke", sagte Szolkowy.

Da auf olympischem Terrain vermieden werden soll, auf die russische Herkunft der OAR-Athleten hinzuweisen, spielt man bei Treffern der "Sbornaja" im Eishockey nicht das Volkslied "Kalinka", sondern den englischen Song "Those were the days", der freilich auf einer russischen Melodie basiert. Dass die OAR-Auswahl unter olympischer Flagge und in neutralen Trikots antreten muss, quittierte der Stürmer Sergej Schirokow mit dem Satz: "Jeder weiß, wer wir sind und wir wissen es auch."

Kurz vor der Hälfte der Pyeongchang-Spiele stehen die OAR im Medaillenspiegel noch ohne Gold da; eine Macht auf Eis und Schnee ist Russland demnach nicht mehr. 2014 in Sotschi gab es 13 Olympiasiege, wobei die noch zu erwartenden Doping-Disqualifikationen nicht berücksichtigt sind. "Russlands großes Scheitern", titeln russische Zeitungen bereits über die Auftritte ihrer Athleten. Andere suchen nach Entschuldigungen für das mittelmäßige Abschneiden. Nervosität und wenig Erfahrung führt Sport-Express zum Beispiel an.

© SZ vom 17.02.2018 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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