Sportpolitik:Am Abgrund

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Russlands Sport droht der Komplettausschluss von den Olympischen Spielen - mal wieder. Auch der Leichtathletik-Weltverband hält seinen Bann gegen den russischen Verband aufrecht - und sperrt mehrere Funktionäre.

Acht Monate vor den Sommerspielen in Tokio steht Russlands Sport vor dem kompletten Olympia-Bann. Die Prüfkommission der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) sprach am vergangenen Wochenende die Empfehlung aus, die russische Agentur wegen Manipulationen von Dopingdaten aus dem Moskauer Labor wieder zu sperren. Unterdessen hat der Leichtathletik-Weltverband das Wiederaufnahmeverfahren des russischen Verbandes gestoppt und Funktionäre gesperrt. Verbandspräsident Dmitri Schljachtin trat daraufhin zurück.

Das Exekutivkomitee der Wada wird am 9. Dezember in Paris über eine Sanktion für die Russen entscheiden. Grundlage ist der Bericht der Prüfkommission CRC, der fünf Jahre nach Aufdeckung des Staatsdoping-Skandals "schwerwiegende Konsequenzen" vorschlägt. Die deutsche Anti-Doping-Agentur hielt die Empfehlung "für einen ersten richtigen Schritt". Russlands Sportminister Pawel Kolobkow befand dagegen, die vorliegenden Informationen hätten nur "vorläufigen Charakter". Das Internationale Olympische Komitee unterstrich derweil in einer Stellungnahme, dass es gemäß der neuen Regeln, die seit April 2018 gelten, die Wada ist, die über einen Olympia-Bann befindet. Allerdings hatte IOC-Präsident Thomas Bach Anfang vergangener Woche keinen Hehl daraus gemacht, dass er gegen einen Komplettausschluss Russlands ist. Bei den Winterspielen 2018 in Pyeongchang hatte das IOC Russland als Land ausgeschlossen, 168 Athleten nach individueller Prüfung aber erlaubt, unter dem Namen "Olympische Athleten aus Russland" zu starten.

Leichtathletik-Funktionäre sollen Atteste gefälscht haben

Wann russische Leichtathleten uneingeschränkt wieder an internationalen Wettbewerben teilnehmen dürfen, ist derweil unklarer denn je. Funktionäre des russischen Verbands sollen dabei geholfen haben, Atteste des Hochspringers und ehemaligen WM-Zweiten Daniil Lyssenko zu fälschen, um von ihm verpasste Dopingtests zu entschuldigen, wie die Integritätskommission des Weltverbands nun befand. Julia Tarasenko übernahm vorübergehend die Amtsgeschäfte des mittlerweile gesperrten Schljachtin. Die dreimalige Hochsprung-Weltmeisterin Maria Lasitskene sagte der Nachrichtenagentur Tass: "Tarasenko ist Schljachtins Handlanger. Sie sollte nach ihrem superprofessionellen Chef sofort aus der Föderation aussteigen."

Sebastian Coe, der Präsident des Leichtathletik-Weltverbands, verteidigte am Wochenende die Suspendierung des russischen Verbandes, die seit 2015 anhält. "Es mag uns nicht allgemein beliebt machen, aber es ist wirklich wichtig, dass wir unseren Prozess fortsetzen", sagte der Brite: "Wir werden das durchziehen, wo immer wir es brauchen, um die Athleten und den Sport zu schützen."

© SZ vom 25.11.2019 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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