Sportereignisse:Die Europaspiele: Mini-Olympia oder Aliyev-Jubelshow?

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Baku (dpa) - Von den ersten Europaspielen ziehen viele Beobachter ein zwiegespaltenes Fazit. Sportlich wusste die Premiere nicht nur nach Ansicht der Athleten häufig zu überzeugen, die Rolle des Gastgebers Aserbaidschan hinterlässt jedoch auch einen Beigeschmack.

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Baku (dpa) - Von den ersten Europaspielen ziehen viele Beobachter ein zwiegespaltenes Fazit. Sportlich wusste die Premiere nicht nur nach Ansicht der Athleten häufig zu überzeugen, die Rolle des Gastgebers Aserbaidschan hinterlässt jedoch auch einen Beigeschmack.

Ein Überblick der wichtigsten Themen der Baku-Spiele mit einem Blick in die Zukunft - der Europaspiele und des Ausrichters.

Was bleibt von den Europaspielen an Eindrücken?

Die Sportler schwärmten beinahe unisono von Bedingungen, die an den großen Bruder Olympia erinnern. „Die Spiele sind super organisiert gewesen, Stimmung, Atmosphäre - wie ein kleines Olympia“, sagte der deutsche Fahnenträger Fabian Hambüchen.

Wie wurde der Gastgeber bewertet?

Für den nächsten Ausrichter, der noch gefunden werden muss, wird der aserbaidschanische Gigantismus zur Bürde. Alleine die Eröffnungsfeier kostete zweieinhalb Mal so viel wie bei Olympia 2012 in London. „Sie haben für Europaspiele Standards gesetzt, die schwer zu erfüllen sein werden“, erklärte der deutsche Chef de Mission, Dirk Schimmelpfennig. Das Europäische Olympische Komitee sucht für 2019 einen Ausrichter aus Westeuropa - bislang hat sich öffentlich kein Kandidat offenbart. Aserbaidschan denkt hingegen bereits in größeren Dimensionen. „Die Europaspiele sind der Weg für die Olympischen Spiele“, sagte Sportminister Azad Rahimov. Eine dritte Bewerbung ist noch nicht offiziell, käme aber nicht überraschend.

Wurden es die befürchteten Propaganda-Spiele für die autoritäre Regierung von StaatschefIlhamAliyev?

Der aserbaidschanische Präsident war omnipräsent. Überall wo es Erfolge der Gastgeber zu feiern gab, war die Luxus-Limousinenflotte Aliyevs nicht fern. Gemeinsam mit seiner Frau Mehriban Aliyeva, Vorsitzende des Organisationskomitees, ließ er sich im Glanze der Athleten vom Publikum feiern. Die Regierung reagierte gereizt auf die Thematisierung der Menschenrechtsverstöße ausländischer Medien, witterte eine Kampagne. Mehrere Journalisten wie auch Menschenrechtsorganisationen beklagten, nicht ins Land gelassen worden zu sein. Den genauen Grund blieb die Regierung trotz mehrfacher Nachfragen während der Spiele schuldig.

Wie hoch war der sportliche Wert?

Höchst unterschiedlich. In einigen Sportarten wie im Kanu oder Tischtennis startete Europas Spitze, das packende Final-Duell zwischen Goldgewinner Dimitrij Ovtcharov und Wladimir Samsonow war einer der Höhepunkte dieser Spiele. Im Turnen gab es hochwertigen Sport, auch wenn Stars wie Hambüchens Reck-Widersacher Epke Zonderland fehlten. Ein drittklassiger Leichtathletik-Wettbewerb mit teils grotesken Leistungsunterschieden ist hingegen fehl am Platze, zudem fiel der hohe Kampfsport-Anteil im Programm auf. Zahlreiche Athleten sprachen sich für eine Integration der Europameisterschaften - wie bereits im Judo und Ringen - für die nächste Auflage aus.

Wie hat sich das deutsche Team geschlagen?

Überwiegend sehr zufriedenstellend. Mit jeweils drei Goldmedaillen führen die Kanuten und Schützen die Bilanz an, Stars wie Ovtcharov oder Hambüchen gaben sich keine Blöße, die Junioren überzeugten beim Wasserspringen und Schwimmen. Die jungen Boxer lassen mit fünfmal Bronze für die Zukunft hoffen. Andere Sportarten wie die enttäuschenden Fechter haben auf ihrem Weg zu Olympia noch reichlich Arbeit vor sich.

Wie war die Stimmung?

Auch wenn sich die Organisatoren rühmen, rund drei Viertel aller Tickets verkauft zu haben, waren die Wettkämpfe nicht von ausgelassener Feierstimmung geprägt. Die aserbaidschanischen Zuschauer feuerten ihre Athleten frenetisch an, buhten allerdings auch armenische Sportler gnadenlos aus. Bezeichnend: Als am ersten Judo-Abend kein Kampf mit Beteiligung Aserbaidschans mehr anstand, leerte sich die Heydar-Aliyev-Arena auf einen Schlag. Die letzten Gold-Entscheidungen fanden vor einer Geisterkulisse statt. Abseits von Familienangehörigen oder Betreuern gab es auf den Tribünen kaum ausländische Besucher.

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