Spitzensportler:Berliner Schwung

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Exakte Fluglage beim Überqueren der Stange: Leonard Prügel, DM-Dritter am Reck. (Foto: dpa/Christoph Soeder)

Bei den deutschen Finals haben zahlreiche Sportler ihre Form bestätigt. Doch erst die nächsten Wettkämpfe geben echte Hinweise auf die weitere Entwicklung - besonders die Multi-EM im August in München.

Die Spitzenkräfte haben ihr nacholympisches Tief überwunden, und bei den deutschen Meisterschaften feuerten in Berlin endlich wieder Zuschauer an. Nach Corona-Jahren und Umbrüchen im Verband herrscht neben vielen Sommer-Verbänden auch im Turn-Lager knapp sieben Wochen vor den Europameisterschaften in München Aufbruchstimmung. DTB-Sportdirektor Thomas Gutekunst sagt, man habe vieles analysiert. Seit Frühjahr sei dies meiste geklärt, "wir können in Ruhe arbeiten". Sowohl die Männer als auch die Frauen sollen bei der EM ins Mannschaftsfinale einziehen.

Gutekunst hat vor knapp einem Jahr die Nachfolge von Sportdirektor Wolfgang Willam angetreten und ist Teil der neuen Sportführung. Männer-Bundestrainer Valeri Belenki wurde fest bis zu den Olympischen Spielen in Paris 2024 angestellt. Die langjährige Frauen-Bundestrainerin Ulla Koch rückte als Verantwortliche für den olympischen Leistungssport ins DTB-Präsidium auf. An ihrer Stelle wurde der 45 Jahre alte Niederländer Gerben Wiersma bis Paris verpflichtet, der mit frischen Ideen bei den Sportlerinnen gut ankommt. "Es macht sehr viel Spaß, er sagt auch immer, ihm ist es extrem wichtig, dass wir glücklich sind", sagte die deutsche Rekordmeisterin Elisabeth Seitz. Die 28-jährige Stuttgarterin gehört wie der Olympia-Zweite Lukas Dauser zu den Turnern, die sich nach Tokio zwecks geistiger und körperlicher Regeneration eine Auszeit genommen haben. "Ich bin mental in ein Loch gefallen", berichtete der Unterhachinger, der dennoch in Berlin seinen Mehrkampf-Titel aus dem Vorjahr verteidigte. Er habe das Tief noch lange mit sich geschleppt, es dauerte bis Ostern, ehe es dann "klick gemacht hat, und ich war wieder Feuer und Flamme", berichtete Dauser.

Für die EM hat Belenki nun schon in etwa gesehen, "mit welchen Turnern man rechnen muss", betonte der Coach. Maximal 20 Turner wolle er für die erste Qualifikation einladen. Anschließend stehen ein Länderkampf in Magglingen in der Schweiz und ein zweiter Quali-Wettkampf an. Ob der zweimalige Olympia-Zweite Marcel Nguyen dazu gehören wird, ist offen. Der 34-Jährige hatte angekündigt, bis Paris weiterzumachen, am Samstag aber als Qualifikationsbester wegen Schulterproblemen auf das Finale an den Ringen verzichtet. Für Belenkis Kollegen Wiersma, der das Frauenteam coacht, ist die EM-Auswahl kleiner. Neben Seitz, die in Berlin wegen Trainingsrückstandes keinen Vierkampf absolvierte und nur an zwei Geräten antrat, kommen die neue Mehrkampf-Meisterin Sarah Voss (Köln), Stufenbarren-Champion Kim Bui (Stuttgart) sowie Pauline Schäfer-Betz und Emma Malewski (beide Chemnitz) in die engere Wahl. Zudem hat der Niederländer die Olympia-Dritte am Schwebebalken von 2016, Sophie Scheder, im Blick.

Auch die in Berlin erfolgreichen Triathleten treffen sich in sechs Wochen wieder, dann aber mit den stärksten Gegnern aus Europa bei den Munich Championships. Den besten Eindruck in Berlin hatte bei den Frauen die Potsdamerin Laura Lindemann hinterlassen, sie siegte über die Sprintdistanz und ist damit für München qualifiziert. Nach ihr kamen nach 750 Metern Schwimmen, 20 Kilometern Radfahren und fünf Kilometern Laufen Annika Koch (Griesheim) und Nina Eim (Potsdam) an. "Bis auf das Schwimmen habe ich ein gutes Rennen gezeigt. Das Publikum war mega cool und die Tribünen voll", sagte Lindemann. Deutscher Meister bei den Männern wurde am Sonntag Lasse Lührs vom TV Buschhütten. Ihm half sein rasanter Endspurt, der 26-Jährige vom TV Buschhütten verwies nach 750 Metern Schwimmen, 20 Kilometern Radfahren und fünf Kilometern Laufen Lasse Nygaard Priester (LAZ Saarbrücken) auf den zweiten Platz.

Reiche Erfahrung in seinem Sport hat Kanute Peter Kretschmer, der Olympiasieger von London 2012. Auch für ihn dürfte die Berliner DM eine bessere Trainingsüberprüfung für weitere Aufgaben im Canadier gewesen sein. Kretschner gewann am Samstag gegen Nico Pickert (Bochum) im Foto-Finish. "Ich bin sehr stolz darauf, dass ich das geschafft habe. Beim Zielsprung gehört auch ein bisschen Glück dazu", sagte Kretschmer, der im Vorlauf Sebastian Brendel bezwungen hatte. Im Einer-Kajak der Frauen unterstrich Jule Hake dann ihre Vormachtstellung im deutschen Team. Die 22-Jährige aus Lünen gewann das Finale gegen Paulina Paszek (Hannover) souverän.

© SZ vom 27.06.2022 / SZ, dpa, sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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