Sommerspiele 2012 in London:Olympisches Bordell

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Neuseeland empört sich: Ein Taekwondo-Kämpfer gründet einen "hochklassigen Begleitservice und Gentlemen-Club", um seine teure Olympiavorbereitung zu finanzieren.

Sissy Stein

Was ist in einem rugbyverrückten Land los, wenn plötzlich die ganze Nation über Taekwondo redet? Ganz einfach. Ein olympischer Kampfkünstler hat darüber nachgedacht, wie er seine Olympiavorbereitung für die Sommerspiele 2012 in London finanzieren könnte, und ist dabei auf die ausgefallene Idee gekommen, seine Aktivitäten von der harten Bodenmatte auf ein weicheres Matratzenlager zu verlegen. Genauer: Der 23-jährige Logan Campbell, der in Peking 2008 im Federgewicht unter die letzten sechzehn vorstieß, hat in der neuseeländischen Millionenstadt Auckland zusammen mit einem 20-jährigen Geschäftspartner das Bordell "25 Cross Street" mit 14 Zimmern eröffnet.

Logan Campbell: mit einer ungewöhnlichen Finanzierung zu Olympia 2012. (Foto: Foto: Getty)

Die diversen Fernsehsender sind sofort auf das Thema angesprungen und haben in ihren Hauptnachrichten darüber berichtet, gleich nach Schweinegrippe, Feuersbrünsten, Mord und Totschlag. Sie zeigten den jungen Mann, der seine weiße Kampfkutte gegen einen dunklen Anzug getauscht hatte, in einem plüschig-blauen Raum, dessen auffälligstes dekoratives Element eine mit Kondomen gefüllte Porzellanschale auf einem Nachttischchen war. "Ich bin kein Zuhälter", sagte er, und sein Etablissement sei "ein hochklassiger Begleitservice und Gentlemen-Club". Eine Nacht mit einer seiner leichtbekleideten Begleitdamen koste bis zu 2500 NZ-Dollar (1116 Euro), und das sei ja wohl der Beweis, dass er keinen primitiven Puff betreibe.

Mit diesen Worten konnte Campbell die Hüter sportlicher Ideale jedoch nicht davon überzeugen, dass seine Geschäfte mit den olympischen Werten zu vereinbaren sind. Sie heulten wie auf Knopfdruck auf. John Schofield, der Finanzmanager des nationalen Taekwondo-Verbandes, sagte, bei der Nominierung würden nicht sportliche Ergebnisse allein herangezogen, sondern auch, ob der Athlet ein Vorbild für die Jugend sei. Sein Kollege Matt Ranson betonte, dass Taekwondo "ein sauberes Image" habe. Aber Sex - igittigitt!

Barry Maister, Generalsekretär des nationalen olympischen Komitees NZOC und 1976 Olympiasieger mit Neuseelands Hockey-Team, lachte zwar, blies letztlich aber ins selbe Horn: "Wir stellen die moralischen Werte des Sportlers in Frage." Das Bemerkenswerte an dieser Aussage ist, dass sich das NZOC vor den Spielen 2004 in Athen hinter den Boxer Soulan Pownceby stellte, der gerade eine mehrjährige Gefängnisstrafe abgesessen hatte. Er hatte seine kleine Tochter totgeschlagen. So ist es offenbar schlimmer, wenn ein Sportler Sex - und nicht mal den eigenen - verkauft, obwohl das Geschäft legal ist, und der Staat dafür Steuern kassiert.

"Die Saison vor Peking hat 150.000 Dollar gekostet", sagt Campbell, das sind 67.000 Euro. Sein Vater Max, ein Auktionator, habe in zwei Jobs gearbeitet, um das Geld aufzutreiben. Neuseelands Sporthilfe SPARC steuerte lediglich 15.000 Dollar bei. Deshalb dachte er verschärft darüber nach, wie er seine sportlichen Ambitionen selbst finanzieren könnte. Sein Plan ist, in den nächsten zwei Jahren mit dem Gentlemen-Club 300.000 Dollar zu verdienen und in London 2012 eine Medaille anzustreben. "Ich will endlich auf eigenen Füßen stehen und meinen Eltern nicht länger auf der Tasche liegen", sagt Campbell.

Sein Geschäftspartner Hugo Phillips dachte ähnlich. Dessen Eltern brachten jedoch genauso wenig Verständnis auf wie Neuseelands Sportorganisationen und warfen ihn aus dem Haus - allerdings mit dem Angebot, ihn vor Gericht zu vertreten, sobald es im Rotlichtmilieu Probleme geben sollte. Logan Campbells Eltern reagierten etwas gelassener. Vielleicht, weil sie damit rechnen, dass sich ihr Sohn mit seiner Kampfkunst in der Sexszene gut verteidigen kann. In der olympischen Variante ist Taekwondo ja auch ein Vollkontaktsport.

© SZ vom 15.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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