Singende Fußballer:Gute Freunde machen "bumm"

Lesezeit: 3 min

Die U-21-Nationalkicker haben ein Lied aufgenommen, sie wirken dabei arg lustlos. Hätten sie sich nur mal an ihren Idolen orientiert.

Jürgen Schmieder

Die Szene hat etwas Heimeliges, ja gar Kuscheliges: Die Nationalspieler sitzen im Trainingsanzug in einem Zimmer, hinter ihnen ist ein Schrank zu sehen, in dem Pokale stehen. Auf dem Tisch Kaffeetassen - und wer genau hinsieht, der kann sogar einen Aschenbecher entdecken. Sie klatschen gemeinsam, dann beginnt einer mit leiser Stimme zu singen: "Gute Freunde kann niemand trennen ..." Franz Beckenbauer und seine Kollegen - die laut Lied auch seine guten Freunde sind, die niemand trennen kann und die niemals alleine sind - haben dieses Lied aufgenommen, im Jahr 1966 war das.

Gerd Müller macht "bumm". (Foto: Foto: Imago)

Zwei Jahre später tritt ein Torhüter in der Hitparade auf, der Moderator kündigt ihn ein wenig unmotiviert mit den Worten "Wieder ein singender Sportler" an. Sechs bajuwarische Blasmusiker stehen Spalier für Petar Radenkovic, der einen Ball in der Hand hält und singt: "Bin i Radi, bin i König, alles and're stört mi wenig." Was soll man dagegen sagen?

Es hatte stets etwas Humorvolles und bisweilen Hochsymbolisches, wenn Fußballer sangen. Nun aber haben die U-21-Kicker gemeinsam mit Thomas Godoj, dem DSDS-Sieger von 2008, ein Lied aufgenommen. "Helden gesucht" heißt es, doch so unmotiviert und lustlos wie Marko Marin und seine Kollegen da in dem sterilen Studio herumstehen und in die Mikros brummen, könnte es auch "Zum Singen verdammt" heißen. Wo ist die Beckenbauer'sche Ironie an der Sache? Wo ist die Bereitschaft à la Radenkovic, sich selbst nicht ganz so ernst zu nehmen?

Gerd Müller nahm einst ein Lied auf mit der nur schwer interpretierbaren Textzeile "Dann macht es bumm, ja und dann kracht's", Charly Dörfel erklärte unmissverständlich "Das kann ich Dir nie verzeihen" und Günther Netzer schrammelte immerhin an einer Gitarre, während Heino "Und alles ist wieder hin" singt und Ingrid Steeger ihm eine Sonnenbrille abnimmt. Es waren keine Lieder, die in den Feuilletons gelobt wurden, aber sie zeugten von Witz und Selbstironie.

Vor allem die Nationalspieler taten sich vor großen Turnieren mit grandiosen Liedern hervor: 1974 sangen sie gemeinsam mit Jack White "Fußball ist unser Leben" - und wurden prompt Weltmeister, weil für Endspielgegner Holland der Fußball eben nicht das Leben war, sondern sie nur "Hup, Holland, Hup" sangen. 1990 wurde die deutsche Elf erneut Weltmeister, was angesichts des Liedes "Sempre Roma, wie ein großes Wort für Leben, Sempre Roma, heut und ewig" nicht wirklich überraschend war.

1982 gab es einen schönen Auftritt der Nationalkicker mit Michael Schanze, der auf der Bühne eine beeindruckende Kopfballstafette anzettelte, während er "Olé España" besang. Vier Jahre später schmetterte Peter Alexander gemeinsam mit den Fußballern "Mexiko, mi amor", wobei sich beim Auftritt in einer Musiksendung vor allem Lothar Matthäus hervortat, weil er einen knallweißen Sombrero trug, der aussah wie ein überdimensionaler Zuckerhut. In dem Lied übrigens kam die geniale Textzeile "Spiegel der stolzen Seele sind Deine Lieder" vor.

Die skurrilste Zusammenarbeit gab es dann 1994, als die zweitmännlichste aller deutschen Nationalmannschaften (die männlichste war die aus dem Jahr 1982) mit der Gruppe Village People das Lied "Far away in America" einspielte. Bodo Illgner, Jürgen Kohler, Lothar Matthäus, Mario Basler und Stefan Effenberg standen da mit einem Indianer, einem Bauarbeiter und einem Biker in Lederklamotten auf der Bühne - und noch heute halten sich Gerüchte, dass sich der Indianer unsterblich in Maurizio Gaudino verliebt hätte.

Nach 1998 und dem Song, in dem die Textzeile "Running with a dream, burning deep inside" vorkam, war erst einmal Schluss mit singenden Nationalkickern. Es gab ein paar einzelne Versuche von Fußballern - Christian Pander etwa firmierte unter dem Künstlernamen "Funky Pee", Thomas Brdaric als "Die wilde 13" -, die kaum Beachtung fanden.

Und nun also die Kicker der U-21-Nationalelf, die dastehen, als wären sie von DFB-Sportdirektor Matthias Sammer höchstselbst zum Singen gezwungen worden. Hätten sie doch lieber den Ratschlag von Petar Radenkovic befolgt. Der sang: "Leute nehmen Spiel zu ernst, haben nicht Humor. Das macht mir nicht viel, Spiel ist für mich Spiel."

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: