Sieg für Arthur Abraham:Wackelzahn vermiest das Siegerlächeln

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Aua am Zahn: Arthur Abraham in Halle. (Foto: REUTERS)
  • Weil er klug verteidigt und gezielte Schläge austeilt, verteidigt Arthur Abraham seinen WM-Titel gegen Robert Stieglitz.
  • Sein Trainer Ulli Wegner lobt: "Er kann wirklich hervorragend boxen."
  • Nun hofft Abraham auf eine großen Kampf.

Von Saskia Aleythe, Halle/Westfalen

Das Adrenalin in seinem Körper ist längst dem Schmerz gewichen, also leidet Arthur Abraham. Er kann kaum lächeln, kaum sprechen. Er reagiert nur so viel, wie er muss, um sich selbst nicht noch mehr zuzumuten. Ein Zahn sei angebrochen, Abraham hat den Mund halboffen, atmet vorsichtig aus. Ein bisschen gemein ist das schon: Abraham ist der Sieger, doch auf den Fotos guckt er gequält.

Es ist die sechste Runde am Samstagabend in Halle/Westfalen, da stützt sich Robert Stieglitz auf den Ringboden, er wird angezählt, steht bei zehn wieder - doch sein Trainer Dirk Dzemski streckt das weiße Handtuch in die Höhe. Technischer K.o.. Da konnte Abraham noch in die Ringseile hüpfen und strahlen, später quälte ihn der Wackelzahn. Er hat seinen WM-Gürtel im Supermittelgewicht verteidigt - und recht deutlich gezeigt, warum er noch auf ein paar attraktive Gegner in der nahen Zukunft hoffen darf.

"Jeder WM-Kampf ist sehr schwer", sagt Abraham später, es war einer von wenigen Sätzen, das Reden plagte ihn. Deutliche Blessuren zeichneten sich in seinem Gesicht ab. Stieglitz machte das, was ihn seit jeher auszeichnet: Er war die eifrige Kampfmaschine, er ließ die Fäuste durch die Gegend fliegen und der ein oder andere Schlag landete auch in Abrahams Gesicht. "Er hat eine Moral, die bewundernswert ist", sagte selbst Abraham-Trainer Ulli Wegner.

Abraham-Sieg in der Rundenkritik
:Einladung zum Vermöbeln

Auf das vierte Duell gegen Robert Stieglitz hatte Arthur Abraham eigentlich gar keine Lust mehr. Dann besiegt er ihn durch technischen K.o. - und bleibt Box-Weltmeister im Supermittelgewicht.

Von Saskia Aleythe

Das Problem ist nur: Stieglitz ist zwar im Wortsinn ein Kämpfer, er kann durch seinen aktiven Stil auch Runden für sich gewinnen - aber allzu durchdacht sind seine Aktionen selten, er ist kein sonderlich technisch ausgefeilter Boxer. Und harte Schläge sind rar.

Nach zwei Runden war der Kampf weitgehend offen, dann landete Stieglitz' Schädel an Abrahams Schädel, fortan blutete der gebürtige Armenier, mal aus dem Mund, mal aus der Nase, so genau wusste man das nicht. Beeinträchtigt hat es ihn aber nicht wirklich, er hat auch schon mit gebrochenem Kiefer einen Kampf gewonnen. Abraham verteidigte klug, seine Doppeldeckung wehrte gefährliche Angriffe ab, Stieglitz agierte zu durchschaubar, da half schon mal ein einfaches Abducken. Und vor allem hatte Abraham eines: eine harte Rechte. "Die hab ich nicht in den Griff bekommen", gab Stieglitz später zu.

In der fünften Runde war der Kampf nochmal offen, als Stieglitz mit beeindruckender Energie Abraham in die Seile zwängte und auch ein paar Treffer setzen konnte. "Da habe ich mich hängen lassen", gab Abraham zu, hundert Prozent zufrieden war er nicht mit sich, "doch ich bin zurückgekommen".

Er tat, was sein Trainer von ihm die ganze Zeit über forderte: Die eine, wichtige Aktion. Der 35-Jährige galt in seiner Karriere oft als passiv und abwartend, doch er hat sich gebessert - und machte seinen Trainer mit dem ersten K.o. seit drei Jahren ziemlich stolz. "Er kann wirklich hervorragend boxen", sagte Wegner, "heute hat er das endlich gezeigt".

Ob Stieglitz nun seine Karriere beenden werde, ließ der 34-Jährige offen. Für Abraham war das Duell gegen ihn nur eine Station auf dem Weg zu einem großen Kampf, es war eine Pflichtverteidigung der WBO, von vier Aufeinandertreffen hat er nun drei gewonnen, ein fünftes soll es auf keinen Fall geben. Zwei Jahre will Abraham noch boxen, am liebsten eine Titelvereinigung schaffen gegen den Amerikaner Andre Ward, er trägt den Gürtel der WBA. Auch ein Duell gegen Felix Sturm steht noch auf der Wunschliste.

Die nächste Woche will Wegner zum Analysieren des Kampfes nutzen. "Wir können jetzt nicht einfach nachgeben", sagt er. Abraham will hingegen erst mal Urlaub machen und seinen Erfolg genießen - wenn die Zahnschmerzen behoben sind, geht das auch mit einem Lächeln.

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