Schönheitswahn:Der Schnubbes war fest

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Früher scherten sich Fußballer nicht um ihr Aussehen. Heute lehnen sie Rückennummern ab, die sie vermeintlich fett aussehen lassen.

Christian Zaschke

Vor 20 Jahren waren die Hosen von Fußballern sehr kurz und sehr eng, und sie kniffen im Schritt. Das störte aber niemanden, das war eben so. Wasser war nass, der Himmel war blau, und Fußballerhosen kniffen im Schritt. Beliebte Fußballerfrisuren waren zu jener Zeit der Minipli und der Kurzhaarschnitt, welcher allerdings am Hinterkopf sanft in einen Langhaarschnitt überzugehen pflegte. Im Gesicht trug eine nicht unbeträchtliche Zahl vom Fußballern einen Schnurrbart, je nach Landstrich genannt: Schnubbes, Schnäuzer, Schnorres oder Schnauz. Insgesamt lässt sich über diese vergleichsweise unschuldige Zeit des Fußballs sagen, dass es seinen Protagonisten vollkommen egal war, wie sie aussahen. Es war der Geist dieser Zeit, der aus Rudi Völler (Minipli, Schnauz) sprach, als er sagte: "Was meine Frisur betrifft, da bin ich Realist."

Diese goldene Zeit des Realismus wurde abgelöst von der Zeit, in der Fußballer sich immerhin ein wenig für ihr Aussehen interessierten, was dazu führte, dass der Minipli ausstarb, die langen Haare im Nacken gekürzt wurden und sich alle Fußballer den Schnubbes abrasierten, oder den Schnorres, je nachdem; alle bis auf Ali Daei, von dem man allerdings sagt, der habe seinen Schnubbes nicht abrasieren können, denn der Schnubbes war fest.

"Du hast die Haare schön"

Es war eine gute Zeit, doch auch diese Zeit wurde abgelöst. Nun wollten die Fußballer gut aussehen, was dazu führte, dass sie ihre Körper mit Tätowierungen bedeckten und sich die Haare schön machten (woraufhin der Fangesang "Du hast die Haare schön" entstand). Die Hosen waren lang und weit, und sie kniffen nicht mehr im Schritt. Was also sollte noch kommen?

In dieser Woche ist Gary Roberts, der seit Oktober beim englischen Zweitligisten Ipswich Town spielt und dort das Trikot mit der Nummer 33 trägt, bei Teammanager Jim Magilton vorstellig geworden. Roberts sagt: "Ich glaube, dass mich die 33 fett aussehen lässt. Deshalb habe ich mit dem Boss darüber gesprochen und ihn um eine andere Nummer gebeten." Es ist noch nicht bekannt, ob Magilton seinen Spieler gefragt hat, ob es ihn vielleicht gerade ein wenig im Schritt kneife. Aber es besteht kein Zweifel daran, dass Roberts den Fußball mit seiner Bitte auf eine neue Ebene gehoben hat.

© SZ vom 2.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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