Schalke nach der Niederlage:"Nie deutscher Meister!"

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Am Ende stimmten einige Schalker Anhänger in die Schmähgesänge der Hamburger Fans ein. Nach zwei Heimniederlagen in Folge kommt in Gelsenkirchen eine bedenkliche Form der Nervosität auf.

Jürgen Schmieder

In der Veltins Arena auf Schalke wird den Fans auf dem Videowürfel von Zeit zu Zeit die Laustärke des eigenen Gesangs mitgeteilt - teils als Belohnung für die lautstarke Unterstützung der eigenen Mannschaft, teils als Ansporn, den Geräuschpegel eines startenden Flugzeugs zu erreichen. Die Anhänger des Gastvereins dagegen haben es schwer. Sie müssen den richtigen Moment abwarten, wenn die auffallen möchten.

Am Freitag war dieser Moment in der 25. Minute: Torhüter Manuel Neuer wollte gerade den Ball per Abstoß ins Spiel bringen, die Schalker Fans gönnten sich für einen winzigen Moment eine Verschnaufpause. Da konnte man es hören, zuerst leise, dann immer deutlicher: "Nie deutscher Meister! Ihr werdet nie deutscher Meister! Nie deutscher Meiiiiister!", sangen die Hamburger Fans.

Die Schalker Fans reagierten nicht sofort - wahrscheinlich, weil sie geschockt waren von der Schussleistung ihres Teams. Die Schalker Spieler schossen oder köpften in den ersten 25 Minuten zehn Mal in die Richtung des Hamburger Tores - und trafen nicht ein einziges Mal. Vielmehr droschen sie den Ball mit voller Kraft auf die Tribüne in die Richtung ihrer treuesten Anhänger.

"Hamburg hatte in der ersten Halbzeit keine Torchance", sagte Zlatan Bajramovic nach dem Spiel. Sein Trainer Mirko Slomka ergänzte: "Wir haben viel investiert, aber wir haben uns nicht damit belohnt, einen Treffer zu erzielen." In der Tat: Schalke begann offensiv, obwohl die Namen Bajramovic, Ernst und Kobiashvili eine zurückhaltendere Variante vermuten ließen. Allein der entscheidende Pass in die Spitze wollte nicht gelingen. Licoln, in dessen Aufgabengebiet eben jener Pass fällt, durfte wegen seiner Tätlichkeit am vergangenen Wochenende nicht spielen. Deshalb mussten es die Schalker aus der Ferne versuchen - einige Bälle werden von den Ordnern in der Veltins Arena wohl immer noch gesucht.

"Es ist im Moment einfach so, dass wir nicht in der Lage sind, die Fehler der Gegner zu nutzen. Dafür nutzt der Gegner unsere Fehler eiskalt aus", sagte Slomka. Den Toren des Hamburger SV gingen Abstimmungsprobleme in der Schalker Abwehr voraus. Rafael van der Vaart bedankte sich in der 71. Minute bei Rodriguez und Krstajic, Olic zehn Minuten später bei Bordon und Rafinha.

Es hat den Anschein, als wäre auf Schalke eine bedenkliche Form der Nervosität eingekehrt. In der Offensive spielt die Mannschaft ungeduldig, ja fast schon hyperaktiv. Das hat zur Folge, dass selbst die Defensivkräfte nach vorne eilen und versuchen, das 1:0 zu erzwingen - um dann in der Abwehr mit Nachlässigkeiten aufzufallen. "Von Nervosität würde ich nicht sprechen", sagte Slomka. "Aber wir haben nach vorne eine gewisse Unruhe."

Provozierende Geste von Altintop

Unruhe also, und zwar eine von der Sorte, die sich auf das Publikum überträgt. Das wurde am Freitag spürbar. Der Schalker Fan beginnt gemeinhin bereits in der S-Bahn zum Stadion zu singen und hört erst damit auf, wenn er wieder zu Hause angekommen ist. Wenn aber eigene Spieler wie Hamit Altintop ausgepfiffen werden oder ein misslungener Torschuss von Rodriguez höhnisch beklatscht wird, dann ist etwas nicht in Ordnung in dieser Schalker Welt.

Slomka freilich versuchte, die Reaktionen der Fans herunterzuspielen und auch die provozierende Geste Altintops nach seiner Auswechslung - er zog sein Trikot aus und legte es demonstrativ mit der Rückennummer nach oben auf die Schalker Bank, ehe er im Spielertunnel verschwand: "Das habe ich nicht gesehen, vielleicht sehe ich es später im Fernsehen."

Slomka sprach lieber von seiner Hoffnung auf die Deutsche Meisterschaft: "Ich denke, dass einige verletzte Spieler bald zurückkommen. Außerdem haben wir immer noch einen Vorsprung." Wenn Stuttgart gewinnt, ist es noch ein Punkt.

So sehen es wohl auch die Schalker Fans. Als die Anhänger des HSV kurz vor dem Ende der Partie noch einmal das Lied "Nie deutscher Meister" anstimmten, sangen einige Schalker Fans mit. Sie könnten die Hamburger und deren verkorkste Saison gemeint haben. Aber auch die eigene Mannschaft.

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