Schalke - Bielefeld:Alm-Orkan überstanden

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Gerade noch einmal gut gegangen: Jonjoe Kenny (M.) blockt den Ball gegen Bielefeld. (Foto: Thomas F. Starke/Getty Images)

Der FC Schalke 04 siegt in Bielefeld trotz des Kontrollverlusts in der Endphase.

Von Ulrich Hartmann, Bielefeld

Zu den Mysterien der Erde gehören das Bermuda-Dreieck, der Steinkreis Stonehenge - und die Bielefelder Alm. Am Dienstag fuhr ein Reisebus aus Gelsenkirchen nach Ostwestfalen, um das Alm-Geheimnis zu erkunden, und in der hereinbrechenden Nacht geriet die Reisegruppe zwischen 22.15 und 22.40 Uhr gefährlich in den Sog dieses Phänomens. "Der Mythos Alm kommt nicht von ungefähr", erklärte danach der Schalker Reiseleiter David Wagner.

Schon auf der Heimfahrt konnte die Fußballmannschaft von Schalke 04 aber wieder durchatmen, denn sie hatte sich prophylaktisch gegen den ostwestfälischen Wirbelsturm geschützt: Drei Tore schossen die Schalker in der ersten halben Stunde, und weil die Gäste in den letzten 25 Minuten im Auge des Orkans nur noch zwei Gegentreffer zuließen, standen sie am Ende als Sieger da. Zerzaust zogen sie ins Achtelfinale ein, gespannt darauf, in welches Mysterium sie das nächste Pokal-Abenteuer verschlägt.

Zugang Benito Raman trifft nach wochenlangem Warten

Magische Kräfte vernebelten den Schalkern in der Schlussphase die Sinne. Es war ein Mix aus Kontrollverlust und plötzlichem Stress, typisch für den Mythos Alm, und das brachte die nur scheinbar souveräne 3:0-Führung ab der 72. Minute ins Wanken. Zuvor hatte Schalke dem Zweitliga-Zweiten Arminia Bielefeld mit drei Treffern innerhalb von 15 Minuten die Grenzen aufgezeigt. Die neu in die Startelf berufenen Angreifer Alessandro Schöpf (16.) und Benito Raman (26. und 31.) hatten Schalkes Fans jauchzen und alle Bielefelder stöhnen lassen: "Das Spiel ist 70 Minuten lang besser gelaufen als wir uns das vorgestellt hatten", sagte Trainer Wagner. Er wertete vor allem die Treffsicherheit als Verbesserung nach den vielen vergebenen Chancen beim Liga-0:0 gegen Borussia Dortmund.

Gegen die Arminia, die Wagner kurzerhand für erstligatauglich erklärte, zeigten die Schalker 70 Minuten lang ihre größten Stärken: Zweikämpfe, Sprints und intensive Läufe. Dies sind drei statistische Bereiche, die im modernen Fußball eine relevante Rolle spielen und in denen die Schalker in der Bundesliga jeweils unter den Top Vier rangieren.

Wie sie in der Schlussphase jedoch die Spannung verloren, wie sie Bielefelds Flanken in den Strafraum nicht mehr unterbinden konnten und wie sie Zufall, Aluminium und eine Schiedsrichter-Fehlentscheidung benötigten, um nicht noch den Ausgleich zu bekommen - das könnte ein lehrreiches Video ergeben, mit dem sich die Mannschaft vor dem nächsten Bundesligaspiel am Sonntagabend in Augsburg ausgiebig beschäftigen könnte.

Wagners pädagogischer Ansatz wurde aus seiner Interpretation der chaotischen Schlussminuten erkennbar: "Ich habe mich wahnsinnig gefreut, wie die Jungs sich da gewehrt haben." Man kann ja aus allem etwas Positives ziehen, aber tatsächlich sind Körpersprache und Einsatzwille bei Schalke grundsätzlich zwei markante Verbesserungen gegenüber der verkorksten vergangenen Saison.

Verspätet angekommen sein dürfte mit seinen beiden Toren der vormalige Düsseldorfer Benito Raman, der nach wirkungslosen Teileinsätzen in den ersten drei Ligaspielen zwei Partien verletzt ausfiel und danach durchgängig auf der Bank schmorte. "Ich habe sechs Wochen nicht gespielt, da war es schwer, ins Team zurückzukommen", sagte der 24-Jährige aus Belgien in Bielefeld, "die beiden Tore haben mir eine Last von den Schultern genommen."

© SZ vom 31.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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