Russischer Olympia-Kritiker:Witischko tritt in Hungerstreik

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Protestaktionen rund um Olympia: Der zu drei Jahren Strafkolonie verurteilte Umweltaktivist Jewgeni Witischko verweigert die Nahrungsaufnahme. Eine italienische Homosexuellen-Aktivistin wird in Sotschi festgenommen.

Die Olympischen Spiele werden von zwei Protestaktionen begleitet. Am Sonntag ist der ehemalige italienische Parlamentarier und Transvestit Vladimir Luxuria ist in Sotschi festgenommen und nach einigen Stunden wieder freigelassen worden. Am Montag ist der inhaftierte Sotschi-Kritiker und Umweltaktivist Jewgeni Witischko in den Hungerstreik getreten.

Wie die Organisation "Umweltschutz im Nordkaukasus" (EWNC) am Montag mitteilte, hat der 40 Jahre alte Geologe seit dem Urteil am vergangenen Mittwoch die Nahrungsaufnahme verweigert. "Jewgeni hat uns gesagt, dass er sich seit dem 12. Februar in einem Hungerstreik befindet", hieß es in dem Statement.

Witischko, der die Umweltzerstörungen in Sotschi durch die Olympischen Winterspiele angeprangert hatte, war in der vergangenen Woche von einem Gericht in Krasnodar zu drei Jahren Haft in einer Strafkolonie verurteilt worden. Witischko soll gegen seine Bewährungsstrafe verstoßen haben, nachdem er bereits Anfang Februar eine kurze Haftstrafe wegen Pöbelns in der Öffentlichkeit erhalten hatte.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte die russischen Behörden während seines Sotschi-Besuches am Sonntag für das Strafmaß kritisiert: "Das Strafmaß bei einem Protest am Zaun eines Gouverneurs ist nach unserer Rechtsordnung ziemlich unverhältnismäßig. Keine Frage." Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte die Freilassung des "politischen Häftlings".

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) kündigte Gespräche mit dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) an. Das IOC hatte zuvor erklärt, es sehe sich nicht zuständig für den Fall. Man habe erfahren, dass die Vorfälle, die zu der Verhaftung führten, nichts mit den Spielen in Sotschi zu tun hätten.

Unterdessen bestätigte ein Sprecher des italienischen Außenministeriums der Nachrichtenagentur dpa am Montag in Rom, dass der Transvestit Luxuria festgenommen und später freigelassen worden sei. Das Olympia-Organisationskomitee in Sotschi (SOCOC) und das IOC haben nach eigenen Angaben bislang keine Kenntnis von dem Fall.

Luxuria hielt sich in Sotschi auf, um mit einem italienischen TV-Team eine Reportage über die Lage der Homosexuellen in Russland zu drehen. Sie hatte auf ihrer Webseite geschrieben, sie sei festgenommen worden, nachdem sie mit einer Fahne demonstriert hatte, auf der auf Russisch stand "Gay is okay" - "Schwul ist okay".

"Ich bin freigelassen worden und wohlauf", teilte Luxuria später auf ihrer Internetseite mit mit. Die Polizei habe Luxuria aggressiv und brutal behandelt, berichtete die Politikerin und Aktivistin Imma Battaglia.

Luxuria ist unter dem Namen Wladimiro Guadagno geboren. Die 48 Jahre alte "Drag Queen" Luxuria hatte zwischen 2006 und 2008 für die altkommunistische Partei Rifondazione Comunista im italienischen Parlament gesessen. Vladimir Luxuria ist in Italien eine Galionsfigur der Schwulenbewegung.

SOCOC-Sprecherin Alexandra Kosterina sagte in Sotschi: "Uns liegen überhaupt keine Informationen von der (russischen) Polizei vor." Es gebe "keine Spur von Festnahmen" auf dem Olympia-Gelände. Ähnlich äußerte sich das IOC. "Wir hoffen, dass die Spiele nicht für politische Demonstrationen benutzt werden", sagte Sprecher Mark Adams. Als Olympia-Gastgeber sieht sich Russland seit Monaten mit Protest gegen das Verbot von "Homosexuellen-Propaganda" konfrontiert. Das Gesetz stellt positive Äußerungen über gleichgeschlechtliches Zusammenleben in Gegenwart von Minderjährigen unter Strafe.

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