Romed Baumann:Genugtuung nach üblen Rufen

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In neuen Farben unterwegs: Romed Baumann. (Foto: Hans Punz/AFP)

Der Österreicher Baumann glänzt nach seinem Nationenwechsel als bester Abfahrer im DSV-Team.

Von Johannes Knuth, Kitzbühel

Manchmal bricht sein Dialekt noch durch, vor allem, wenn es emotionaler wird. Dann hört man ja oft, woher ein Mensch stammt, und wenn Romed Baumann aus Sankt Johann in Tirol zum Beispiel über den Tiefpunkt seiner Karriere spricht, dann sagt er: "Da hob ich mich wie a gschlogner Hund, gefühlt. I hob nimmer gwissd, wie i mi aus dem Loch ausibring."

Aber Romed Baumann ist mittlerweile rausgekommen aus dem Tal, wie er am Wochenende ebenfalls erzählte. Es war fast schon zu kitschig: Vor einem Jahr war er am Hahnenkamm wie ein geprügelter Hund davongezogen, jetzt hatte er die wohl schwerste Abfahrt im Weltcup als Siebtbester gezähmt - und war damit zum ersten Mal Klassenbester der ehrgeizigen deutschen Mannschaft. "Es ungewohnt", sagte Baumann, "aber es fühlt sich gut an."

Baumann war vor einem Jahr noch in Diensten des österreichischen Verbands; Inhaber von zwei Weltcupsiegen und einer WM-Bronzemedaille 2013 in der Kombination. Als er im ersten Training auf der Streif abschwang, dachte er damals, er habe einen Materialdefekt. Doch seine Ski waren in tadellosem Zustand, und so gab Baumann später erstaunlich offen zu, wie sehr ihn der gefährliche Abfahrtssport gerade überfordere. Der ÖSV strich ihn aus dem Rennaufgebot und nach der Saison aus dem Kader, Baumann, der im April 2019 seine deutsche Frau geheiratet hatte, fragte beim deutschen Verband an. Sie waren erst skeptisch, sie hatten sich ja gerade eine prächtige Abfahrtsmannschaft aufgebaut; Alpindirektor Wolfgang Maier musste sich anhören, was er mit einer "Lusche" wolle. Aber Baumanns neue Kollegen waren schnell begeistert. Sie profitierten vom Wissensschatz des 34-Jährigen, der jahrelang Mitglied einer der besten Abfahrtsmannschaften der Welt war, Baumann wiederum staunte über ein Klima, in dem jeder dem anderen den Erfolg gönnte und nicht nur mit Druck gearbeitet wurde. Das, sagte er, "habe ich nicht gekannt".

Abfahrtserfolge, das muss man dazu wissen, waren schon immer der Sockel, auf dem Österreicher ihr Verständnis als Skination bauten, die Konkurrenz ist schon im Nachwuchs gewaltig. Der ÖSV hatte den verunsicherten Baumann da recht klaglos ziehen lassen können, einige Zuschauer unterstellten ihm am Wochenende trotzdem niedere Motive: "Nach der Besichtigung haben mir ein paar Fans so laut ,Judas' nachgeschrien", sagte er: "Ich war richtig heiß darauf, mein bestes Skifahren zu zeigen." Bis zur Hausbergkante war er sogar schneller als Mayer, der spätere Sieger. Platz sieben, vier Plätze vor Teamkollege Andreas Sander, war trotzdem eine "Hammer-Geschichte", wie Josef Ferstl befand. Der Vorjahressieger im Super-G war diesmal nur 25. geworden, einen Platz vor Thomas Dreßen; der Sieger von 2018 hatte sich bei seinem Streif-Comeback einen schweren Fahrfehler im Steilhang geleistet. So war es zwar kein Erfolg auf ganzer Linie, dafür einer, der von der Stärke einer Mannschaft erzählte.

© SZ vom 27.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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