Remis in Gladbach:Abschied ohne Schwerkraft

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Weil in letzter Sekunde plötzlich alle durcheinander purzeln, kann sich Darmstadt versöhnlich aus der Bundesliga verabschieden. Gladbach verpasst damit die Qualifikation für die Europa League.

Von Thomas Gröbner, Mönchengladbach/München

Der umschwärmteste Mann auf dem Platz trug an diesem Samstagnachmittag in Gladbach die gelb-schwarze Kluft des Schiedsrichters. Aber weil Wolfgang Stark ja schon einiges erlebt hat in 344 Bundesliga-Spielen, war er vorbereitet. Als der Gladbacher Christoph Kramer anrückte, um nach dem 2:2(0:0)-Unentschieden dem 47-jährigen Unparteiischen in dessen letzten Spiel das Trikot abzuluchsen, da kam kein Kabelgewirr unter seinem Shirt zum Vorschein, sondern ein zweites Schiedsrichter-Trikot.

Denn für den Rekord-Schiedsrichter Stark ging es wie für Darmstadt darum, sich mit Anstand und mit schönen Bildern aus der Fußball-Bundesliga zu verabschieden. Stark, weil er die Altersgrenze für Schiedsrichter erreicht hatte. Und die Lilien, weil auch sie nach vier Jahren Bundesliga an ihre Grenzen gestoßen waren.

Und Gladbach? Die hatten noch eine "Minimal-Chance" auf die internationalen Plätze, die aber Manager Max Eberl schon in der Pause beim Stand von 0:0 schon wieder begrub. Und weil Darmstadt in der 90. Minute zurückschlug und zum 2:2-Endstand traf, und sich auch Köln keine Blöße geben wollte, hatte er auch recht damit.

Darmstadt arbeitet weiter am Bild des unnachgiebigen Absteigers

Im ausverkauften Borussia-Park übernahmen die Gastgeber von Beginn an die Kontrolle, doch die Gladbacher Angreifer verzweifelten immer wieder an Daniel Hoyer-Fernandez. Der Darmstädter Schlussmann verhinderte in der ersten Halbzeit gleich mehrfach einen Rückstand. Bis kurz nach der Pause hatte Hoyer-Fernandez alles aus der Luft gefischt, was die Gladbacher an diesem Nachmittag in Richtung Tor schickten. Und so brauchte es den Zufall, um ihn zu überwinden: Hazard hatte Hofmann im Augenwinkel gesehen, seine Flanke verpasste der Gladbacher, und so trudelte der Ball beiläufig ins Tor (50.).

Danach drängte Gladbach auf die Entscheidung, doch der Fußball erlaubte sich ein Späßchen. Darmstadts Sven Schipplock hatte sich erst vor drei Wochen vom ewigen Warten auf ein Tor frei gemacht. Und derart befreit flog ihm der nächste Treffer fast zu - so einfach kann das Stürmerleben sein. Nachdem Schipplock mit einem hölzernen Scherenschlag noch den Ball verfehlt hatte, köpfte halt sein Kollege Antonio Colak den Ball nochmal an Schipplocks Knie. Von dort hoppelte der Ball zum Ausgleich ins Netz (62.).

Mo Dahoud bekommt die Bühne für seinen Abschied

Raffael brachte Gladbach drei Minuten später wieder in Führung. Dann bekam Mahmoud Dahoud die Bühne für seinen Abschied, noch auf der Bank musste der 21-Jährige sich ein kleines Tränchen verdrücken. Nach sieben Jahren bei Gladbach wechselt er zu Borussia Dortmund. Ihn ersetzte Laszlo Benes, der wohl in Zukunft die Dahoud-Rolle einnehmen soll. Doch lieber hätte Dieter Hecking ja Dahoud weiter bei sich behalten: "Für Mo kommt der Wechsel vielleicht ein Jahr zu früh", hatte er der WAZ gesagt. Auch Abwehrmann Andreas Christensen werden sie nicht halten können, er kehrt zum englischen Meister FC Chelsea zurück.

Christensen blieb aber auf dem Platz und war dabei, als in der Schlussphase die Gravitationskraft im Gladbacher Stadion kurz ausgesetzt zu haben schien. Darmstädter und Gladbacher purzelten durcheinander, und so war es Marcel Heller in der Schlussminute vorbehalten, das vorerst letzte Darmstädter Bundesliga-Tor der Darmstädter zu erzielen.

In Gladbach blieb der Frust: "Wir haben uns in der Rückrunde die Chance, noch auf einem Europapokal-Platz zu landen, hart erarbeitet. Die Enttäuschung ist daher groß, dass wir es am Ende doch nicht mehr geschafft haben", sagte Christoph Kramer. Da konnte ihn auch nicht das mühsam ergatterte Schiedsrichter-Trikot trösten.

© SZ vom 21.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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