RB Leipzig:Abenteuerliche Bilanz

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Eine ständige Gefahr für den SV Werder: Leipzigs Stürmer Alexander Sörloth (rotes Trikot). (Foto: Cathrin Mueller/AFP)

Alexander Sörloth erzielt beim 4:1-Sieg gegen den SV Werder seinen ersten Doppelpack für Leipzig. An die Meisterschaft glaubt RB-Trainer Julian Nagelsmann aber nicht mehr.

Von Thomas Hürner, Bremen

Julian Nagelsmann hat am Samstagabend gewissermaßen eine Vorlage erhalten, die es lediglich zu vollstrecken galt, aus kürzester Distanz und freistehend vor dem Tor. Um in der Metaphorik des Stürmerwesens zu bleiben: Der Trainer von RB Leipzig stoppte den Ball, drehte eine Pirouette und passte ihn daraufhin zurück zu Alexander Sörloth, der beim Tabellenzweiten ja schließlich selbst einer derjenigen ist, der fürs Toreschießen bezahlt wird.

Nach dem 4:1-Sieg beim SV Werder Bremen war Nagelsmann gefragt worden, ob dieses Spiel für den Doppeltorschützen Sörloth so etwas wie eine Initialzündung gewesen sein könnte. Eine verbale Steilvorlage für den Coach, seinen in dieser Saison häufig unglücklichen Stürmer noch stärker zu reden, als er wirklich war, zumal den Leipzigern ein wirklich glücklicher und konstant erfolgreicher Stürmer bekanntlich guttun würde. Lob gab es dann aber lediglich für Sörloths Effizienz, "das Spiel als solches war nicht überragend", sagte Nagelsmann: "Wir arbeiten weiter daran, dass er diesen Impact auch dauerhaft haben kann."

In dieser Saison waren fehlende Stürmertore das Hauptproblem der Leipziger

Ein bisschen überraschend war das schon: Da erzielt dieser angeblich 15 Millionen Euro teure Norweger zum ersten Mal in dieser Saison zwei Tore in einer Partie, aber sein Trainer mischt trotzdem noch eine gehörige Prise Tadel in seine Individualanalyse. Andererseits: Nagelsmann ist nun mal ein extrem fordernder Coach. Und der im Zusammenhang mit Sörloths Auftritt nun erwähnte Begriff der "Effizienz" hat die Leipziger zuletzt ja tatsächlich auf sehr zentrale Weise beschäftigt.

Nach gängiger Interpretation gilt ein Mangel an eben jener Effizienz als der Hauptgrund dafür, dass der Meisterschaftskampf in der Vorwoche für beendet erklärt wurde. Bei der 0:1-Niederlage gegen den FC Bayern hatte es den bisweilen furios aufspielenden Leipzigern an der nötigen Zuspitzung im Angriff gefehlt, was auch von Nagelsmann hinterher als das entscheidende Defizit benannt worden war: "Natürlich würde uns ein Stürmer helfen, der jede Saison 15 oder 16 Tore macht", so der Trainer, der seine beiden gelernten Mittelstürmer Sörloth und Yussuf Poulsen gegen die Bayern erst für die Schlussoffensive auf den Platz beordert hatte.

In Bremen brachten die Rasenballer nun eine für ihre Verhältnisse abenteuerliche Bilanz zu Stande. Aus ihren vier Schüssen aufs Tor resultierten vier Treffer, was zunächst meisterhaft klingt, allerdings natürlich auch in Relation gesehen werden muss. Der Gegner war ja nicht der Rekordmeister, sondern ein zwar engagiertes, aber letztlich in allen Belangen unterlegenes Team.

Den Meistertitel, sagt RB-Trainer Nagelsmann, "haben wir nicht in der eigenen Hand"

Mit den guten Leipziger Effizienzwerten wäre es aber nichts geworden, wenn Sörloth gegen den SV Werder seine Kernaufgaben nicht so pflichtbewusst erledigt hätte. Und sein erster Treffer war sogar ein Ausweis von hoher Mittelstürmerkompetenz: Sörloth empfing im Strafraum eine punktgenaue, aber eher lasche Flanke, weshalb dem Ball auf dessen Weg ins Tor neben der richtigen Richtung auch die nötige Schärfe mitgegeben werden musste (32.). Beim zweiten Tor galt es, eine flache Hereingabe über die Linie zu drücken (41.), ähnlich, wie dies auch Marcel Sabitzer später gelang (63.), der so ein letztes Aufbäumen der Bremer nach dem Anschlusstreffer durch Milot Rashica (61.) verhindern konnte. Zuvor hatte Dani Olmo den anspruchsvollsten Angriff zur Leipziger Führung vollendet (23.).

"Am Ende ist es wichtig für einen Stürmer, dass er trifft", sagte Nagelsmann noch mit Blick auf Sörloth, der nach dem Spiel gegen Werder jetzt immerhin fünf Saisontreffer vorweisen kann - zwei weniger als der Leipziger Top-Torschütze Sabitzer. Trotz nur noch fünf Punkten Rückstand auf den FC Bayern ist für Nagelsmann der Titel aber auch dann kein realistisches Ziel mehr, wenn im Saisonendspurt noch weitere Stürmertore hinzukommen sollten. "Am Ende haben wir das nicht in der eigenen Hand", sagte der RB-Coach. Es gehe jetzt darum, die "erfolgreichste Saison" in der Geschichte des Klubs zu spielen. Acht Zähler fehlen dafür noch.

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