Rätselhafter FC Bayern:"Wir haben einfach nicht den Killerinstinkt"

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Nach dem enttäuschenden 1:1 gegen Gladbach wünscht sich Uli Hoeneß ein Kopfballungeheuer, beklagt Felix Magath ein Übermaß an Nächstenliebe - nur der Kaiser Franz ist zur richtigen Zeit am richtigen Platz.

Thomas Becker

Beim Zwiener Johann war dann endlich Schluss. Da war es auch schon kurz nach fünf. Fast ein ganzes Bundesligaspiel lang tat der FC Bayern München auf den zwei Anzeigetafeln kund, welche seiner insgesamt 121.119 Mitglieder seit 20 Jahren im Verein sind.

Roy Makaay dankt verschämt den Fans. (Foto: Foto: dpa)

Ohne mitgezählt zu haben, kann man sagen: eine ganze Menge. Was für wunderbare Namen dabei waren: der Herr Brühschwein, der Herr Salatmeier, und dass das einsnull von Demichelis justament in dem Moment fiel, als oben der Name eines gewissen Franz Kaiser erschien, überraschte nur die Ungläubigen. Schön, das.

Wie das Telefonbuch

Nur: Die Tatsache, dass man so oft nach den Namen schielte, offenbart den Spannungsgehalt der Partie gegen Mönchengladbach: als würde jemand das Telefonbuch vorlesen.

1:1 gegen Gladbach, das schwächste Auswärtsteam der Liga. Bayern verliert trotz druckvoller zweiter Halbzeit zwei weitere Punkte auf Bremen, die Borussia rutscht trotz des erst zweiten Punktes auf fremdem Platz auf einen Abstiegsrang - da hatten sich die Bayern-Fans mehr erwartet.

Doch das Remis gegen die Rheinländer reiht sich mühelos ein in die Phalanx enttäuschender Bayern-Heimspiele. Es war eins dieser Spiele, die die Münchner gar nicht mögen: Bei denen der Gegner mit zehn Mann auf den letzten 30 Metern der eigenen Hälfte steht - auch wenn Gäste-Coach Heynckes meint, man habe "über weite Strecken mutig nach vorn gespielt".

Dem Jupp gönnen wir das

Eine Partie, nach der Uli Hoeneß so verzweifelte Sätze sagt wie: "Solche Spiele sind nur mit Flanken und Kopfbällen zu gewinnen. Aber wir haben halt keinen Koller oder Hrubesch."

Ein Spiel, das Felix Magath das Bekenntnis entlockt: "Wir waren nach dem 1:0 wieder mal zu harmlos. Wir haben einfach nicht den Killerinstinkt. Wir sind nicht die Mannschaft, die drauf tritt, wenn der Gegner am Boden liegt." Und noch ein schöner Satz vom FC Caritas: "Wenn ich einem den Punkt gönne", sagte Hoeneß, "dann dem Jupp." Ja, is' denn heut' scho' Weihnachten?

Ist es nicht. Die Bayern haben nur keine Lust mehr auf Teams, die nur zum Verhindern nach München kommen. Nochmal Hoeneß: "Gegen die Großen der Welt wird es andere Spiele geben." Fakt bleibt aber auch, dass der große FC Bayern gegen die Kleinen dieses Planeten keine spielerischen Mittel findet - aber trotzdem glaubt, dass "nicht ein Zehner fehlt, sondern ein Kopfballspieler" (Hoeneß)

"Jahrhundert-Talente"

Ach, was hätte man den Roten diesen Zehner von Gladbach gewünscht: Federico Insua, bester Mann auf dem Platz, perfekter Pass zum Ausgleich von Michael Delura in der 33.Minute. Vier Millionen Euro hat die Borussia für den Argentinier ausgegeben - für Gladbach viel Geld, für den FCB ein Klacks. Nur: Die Bayern finden solche Spieler nicht, seit Jahren nicht.

Sie finden "Jahrhundert-Talente", die ewig die Bank drücken (Julio dos Santos: fünf Bundesliga-Spiele in einem Jahr, in dieser Saison eingewechselt in den Minuten 90, 90, 90 und 85) oder in sieben Jahren 29 Treffer zustande bringen (Roque Santa Cruz).

Am Dienstag kommt nun mit Inter Mailand ein Großer dieser Welt, der auch ganz gut ist im Spielerkaufen: ungeschlagener Tabellenführer nach 14 Partien, am Samstag 2:0-Sieger gegen Siena (Torschützen Burdisso und Crespo), nur der AS Rom hat mehr Tore geschossen, und nach dem 0:2 im Hinspiel haben sie gegen Bayern noch etwas gut zu machen.

Hoeneß hat angekündigt, dass man "unbedingt den Gruppensieg" im Vorrunden-Finale anstrebe. Könnte also ein flottes Spielchen werden. Muss es auch: Die Jubilare sind langsam aufgebraucht. Nach dem Zwiener Johann feierte man auf den Anzeigetafeln auch noch die 35-, 50- und 60-jährigen Mitgliedschaften.

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