Radsport:Ullrichs Konto wird offengelegt

Lesezeit: 2 min

Die deutschen Ermittler vermuten, dass Jan Ullrich über ein Konto in der Schweiz Geld an den spanischen Dopingarzt Eufemiano Fuentes überwiesen hat.

Hans Leyendecker

In das Ermittlungsverfahren der Bonner Staatsanwaltschaft gegen den ehemaligen Radsportler Jan Ullrich und dessen früheren Betreuer Rudy Pevenage kommt Bewegung. Die deutschen Strafverfolger sollen noch in dieser Woche Auszüge eines Kontos erhalten, das Ullrich bei der Credit Suisse in Kreuzlingen (Schweiz) unterhält.

Jan Ullrich: erfolgloser Einspruch. (Foto: Foto: dpa)

Die Ermittler wollen prüfen, ob über dieses Konto Geld an den spanischen Dopingarzt Eufemiano Fuentes oder an andere Personen im Zusammenhang mit möglichen Käufen von Dopingmitteln geflossen ist.

Unterlagen der Ermittler legen den Verdacht nahe, dass Ullrich mindestens 25000 Euro an Fuentes gezahlt hat. Eintragungen in einem bei Fuentes sichergestellten Kalender deuten zudem darauf hin, dass sich Ullrich und Pevenage an drei aufeinanderfolgenden Tagen in Madrid mit Fuentes getroffen haben. Bei Fuentes sichergestellte Konserven waren identisch mit einer DNS-Probe des ehemaligen Toursiegers.

In einem Rechtshilfeersuchen an die Schweiz hatte die Bonner Staatsanwaltschaft im vorigen Jahr um die Herausgabe der Bank-Unterlagen für den Zeitraum 1.Januar 2003 bis 30. Juni 2006 gebeten. Nachdem die im Januar von der Staatsanwaltschaft im Kanton Thurgau angeordnete Weitergabe der Unterlagen zunächst durch einen Anwalt des ehemaligen Tour-de-France-Siegers blockiert worden war, hatte im Mai das Bundesstrafgericht in Bellinzona dessen Beschwerde verworfen.

Das Bundesgericht in Lausanne hat den von Ullrichs Anwälten erhobenen Rekurs nicht angenommen: Der Fall sei "nicht wesentlich".

Lesen Sie im zweiten Teil: Was die Herausgabe der Unterlagen bedeuten könnte.

Schweizer Rechtshilferichter prüfen aber in keinem Fall die Tat- oder Schuldfrage und nehmen auch keine Beweiswürdigung vor. Geprüft wird nur, ob das Ersuchen der Staatsanwaltschaft dem "Spezialitätsvorbehalt" entspricht. Das heißt, der Vorwurf muss auch nach eidgenössischem Recht strafbar sein. In den kommenden Monaten will die Thurgauer Staatsanwaltschaft über ein zweites Bonner Rechtshilfeersuchen entscheiden.

Die deutschen Ermittler haben die Herausgabe von Material beantragt, das bei einer Hausdurchsuchung in Jan Ullrichs Haus in Scherzingen sichergestellt worden war. Das Verfahren kann, falls sich Ullrichs Anwalt erneut querlegt, ein halbes Jahr dauern. Ein IT-Spezialist der Kriminalpolizei soll in der Zwischenzeit die bei Ullrich sichergestellten Handy- und PC-Daten auswerten. Die Thurgauer haben eine vom Wiesbadener Bundeskriminalamt erarbeitete Stichwortliste vorliegen.

Weder Ullrich noch sein Hamburger Anwalt Johann Schwenn waren zunächst für eine Stellungnahme zum Stand des Verfahrens erreichbar. Erst am späten Nachmittag äußerte sich Ullrich in einem Interview mit dem Fernsehsender Sat1: "Ich finde es nicht richtig, was mit mir gemacht wird", sagte er, seine Finanzdaten gingen "bestenfalls" seine Frau etwas an. Zu den Dopingverdächtigungen wollte er sich auch weiterhin nicht äußern. Er werde später Stellung beziehen. "Ich weiß noch nicht wann. Es wird nicht heute sein und nicht während der Tour." Dass seine Akten irgendwann herausgegeben werden, habe er gewusst, sagte Ullrich in dem Telefoninterview, dass während der Übertragung der 15. Etappe live ausgestrahlt wurde.

Vor der diesjährigen Tour hatte Ullrich einem französischen Reporter noch gesagt: "Wenn man sieht, was momentan so passiert, erkennt man, dass mein Ausschluss nicht viel geändert hat." Und weiter: "Das Problem war nicht Jan Ullrich, sondern der Radsport an sich." In seinem "Fanshop" auf seiner Internetseite schreibt er über die Tour 2007: "Ich finde, in diesem Jahr gibt es sehr viel Spannung. Es ist bewundernswert, wie sich Klödi ( Andreas Klöden, d. Red.) und Wino ( Alexander Winokurow d. Red.) trotz ihrer Schmerzen behaupten. Und Linus Gerdemann hat ein tolles Ausrufezeichen gesetzt. Alle sollten sich über diese Tour freuen."

© SZ vom 24.07.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: