Portugal:Razzia bei Profiklubs

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300 Fahnder, 80 Objekte und zahlreiche beschuldigte prominente Fußballer: Die portugiesiche Justiz ermittelt gegen den Profifußball wegen mutmaßlicher Steuerhinterziehung und Geldwäsche. Im Visier sind Spieler wie Falcao und Casillas.

Die portugiesischen Behörden haben das Profifußball-Establishment des Landes ins Visier genommen. Bei einer spektakulären Razzia inspizierten Presseberichten zufolge am Mittwoch 300 Steuerfahnder, Zöllner, Staatsanwälte und Untersuchungsrichter knapp 80 Objekte. Darunter waren auch die Zentralen von Benfica, Sporting Lissabon und FC Porto sowie weiterer Erstliga-Klubs. Ebenfalls durchsucht wurden Büros, Wohnungen und Autos von Spielerberatern und Top-Profis. Die Vorwürfe: Steuerhinterziehung und Geldwäsche, insbesondere im Zusammenhang mit millionenschweren Spielertransfers ab 2015. Im Raum steht der Verdacht, dass Scheinverträge abgeschlossen oder Gelder über Briefkastenfirmen in Steuerparadiesen am Fiskus vorbeigeschleust wurden.

Der Staatsanwaltschaft zufolge werden nun 47 Personen als "Beschuldigte" geführt. Zu ihnen zählen Jorge Mendes und Carlos Osório de Castro, der Manager respektive Anwalt von Portugals Nationalmannschaftskapitän Cristiano Ronaldo. Die Razzia, die unter dem Decknamen "Operation Abseits" ablief, gilt als vorläufiger Höhepunkt jahrelanger Ermittlungen. Auslöser dürfte die Veröffentlichung von Dokumenten der Fußballindustrie durch "Football Leaks" gewesen sein. Der Betreiber der Internetplattform, Rui Pinto, sitzt seit März 2019 in portugiesischer Untersuchungshaft. Ihm werden 90 Delikte vorgeworfen, darunter Erpressung, Cyberkriminalität und Verstöße gegen das Briefgeheimnis. Zu den berühmtesten Spielern im Visier der Behörden zählen Portugals EM-Finaltorschütze von 2016, Eder, der kolumbianische Stürmer Radamel Falcao und der Spanier Iker Casillas. Der ehemalige Torwart von Real Madrid und des FC Porto hatte nach einem Herzinfarkt seine Karriere für beendet erklärt. Für ihn kommt die Affäre zur Unzeit: Er bewirbt sich um den Posten des Verbandschefs in Spanien. Casillas versicherte, er habe sich nichts zuschulden kommen lassen und werde mit den Behörden kooperieren. "Die Transparenz gehört zu meinen Prinzipien", sagte der Weltmeister von 2010.

© SZ vom 06.03.2020 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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