Olympique Lyon holt Titel:Wie im Film

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Besonderes Tor: Dzsenifer Marozsan erzielt im Champions-League-Finale die Führung für Lyon – in ihrer Geburtsstadt Budapest. (Foto: Tibor Illyes/AP)

Nationalspielerin Dzsenifer Marozsan leitet Lyons sechsten Triumph im Champions-League-Finale der Frauen ein.

Von Anna Dreher, Budapest/München

Dzsenifer Marozsan ist keine, die oft Superlative benutzt, aber in diesem Fall hielt sie einen für angebracht. Die ganze Saison schon sei Budapest ihr großer Traum, sagte die deutsche Nationalspielerin im März. Da hatte sie mit Olympique Lyon gerade das Viertelfinale der Champions League gegen den deutschen Doublesieger VfL Wolfsburg gewonnen. Am Samstagabend, beim 4:1 (4:0) im Finale von Budapest gegen den FC Barcelona, brauchte Marozsan nur fünf Minuten, um ihren Traum zu verwirklichen.

Sie war in der Mitte losgerannt, von rechts kam der Ball auf sie zugeflogen, er tippte ein-, zweimal auf, ehe Marozsan ihn mit dem rechten Fuß zum 1:0 ins Tor schoss. Sie jubelte, rannte weiter und zeigte erst mit den Zeigefingern auf den Boden und dann die Siegerfaust. Budapest, das ist für Marozsan nicht einfach nur der diesjährige Ort des Endspiels gewesen. Dort wurde sie geboren, dorthin kehrt sie, so oft es geht, zu ihrer Verwandtschaft zurück - und gemeinsam werden sie nun einen ihrer größten Erfolge feiern. "Ich bin sehr glücklich. Budapest ist meine Stadt, meine ganze Familie ist hier", sagte Marozsan: "Dass ich hier das erste Tor schieße, war wie im Film. Das war mein Traum."

Zum dritten Mal nacheinander hat Dzsenifer Marozsan, 27, nun die Champions League mit Lyon gewonnen, zum vierten Mal insgesamt. Zum dritten Mal wurde die seit 2016 beim Serienmeister unter Vertrag stehende Offensivspielerin in diesem Jahr als Frankreichs Spielerin der Saison ausgezeichnet. Der Respekt und die Anerkennung ihr gegenüber sind groß. Die Personifizierung der französischen Dominanz war an diesem Abend aber die Spielerin mit der Nummer 14: Ada Hegerberg.

Bei der erst 23 Jahre alten Ausnahmefußballerin dauerte es etwas länger, bis sie sich in Szene setzen konnte. Dann aber auf besondere Weise. Innerhalb von 16 Minuten gelang der Norwegerin der erst zweite Hattrick in einem Endspiel der Frauen-Champions-League; den ersten erzielte Inka Grings 2009 für Duisburg in einem Wettbewerb, der damals noch "Uefa Frauenpokal" hieß. Wie beim ersten Treffer wurde Barcelona über rechts überrumpelt, Hegerberg lauerte in der Mitte und erhöhte mit rechts auf 2:0 (14.). Fünf Minuten später kam der Angriff über links, Hegerberg schoss auf Höhe des Elfmeterpunktes halb hoch mit links das 3:0. Und schließlich landete eine Flanke bei ihr, und sie musste im Fünfmeterraum nur noch ihren rechten Fuß hinhalten (30.

). Rechts, links, rechts, so einfach war das für sie. Lyon hatte zuvor bereits die Meisterschaft und den Pokal gewonnen, es ist das vierte Triple für die Mannschaft von Trainer Reynald Pedros. Lyon dominierte auch gegen den FC Barcelona fast schon mühelos über die ganze Spielzeit, auf fast schon erdrückende Weise. Die katalanischen Spielerinnen bekamen so gut wie keine Gelegenheit zu zeigen, warum sie es erstmals auch bei den Frauen ins Finale dieses Wettbewerbs geschafft hatten. Womöglich lag darin schon eine gewisse Überforderung - der Favorit Lyon stand bereits zum achten Mal im Endspiel. Spaniens Männerliga hatte ihren Spieltag extra gesplittet, aber die eingewechselte Asisat Oshoala war die Einzige, die für Jubel bei Barcas Anhängern sorgte, in der 89. Minute war das.

Kurz danach sank Hegerberg lächelnd auf die Knie, schlug mit beiden Händen auf den Rasen und hüpfte später bei der Siegerehrung im Konfettiregen vor 19 487 Zuschauern mit allen anderen. Hegerberg hat den in dieser Saison erstmals für Frauen vergebenen Ballon d'Or erhalten; eine überfällige Auszeichnung für eine Spielerin, die mit 23 schon so viel erreicht hat, dass es für eine ganze Karriere reicht. Sie ragt selbst aus Lyons schwer zu bezwingendem Kader heraus, über den es auch beim insgesamt sechsten Champions-League-Gewinn viele Geschichten zu erzählen gäbe.

Hauptdarstellerinnen an diesem Abend waren aber Marozsan und Hegerberg. Nach so einer überragenden Saison wird Marozsans Selbstvertrauen für die am 7. Juni beginnende WM in Frankreich groß sein. Dass auch Hegerberg über großes Selbstbewusstsein verfügt, muss die DFB-Auswahl indes nicht beschäftigen: Aus Protest gegen die Verhältnisse im Verband hat sie nach der EM 2017 ihre Nationalelf-Karriere vorerst beendet.

© SZ vom 20.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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