Olympia 2010:Linksum, ab in die Halfpipe!

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Snowboard? Skicross? Shorttrack? Wo in Vancouver eine jugendliche Olympia-Party gefeiert wurde, holte Deutschland keine einzige Medaille. Das soll sich ändern.

René Hofmann

Liegt es an der Bergwacht, die es in den deutschen Alpen verhindert, dass sich mutige Mädchen und Jungs freudig im Tiefschnee waghalsige Hänge hinunterstürzen? Oder doch eher an den zu konservativen Vereinsvorsitzenden, die Kinder mit ausgefallenen Frisuren und auffälligen Kleidern lieber gleich wieder wegschicken?

Solchen Fragen will Thomas Bach, der oberste Mann des deutschen olympischen Sports, in den kommenden Monaten nachspüren. Zu den olympischen Ritualen gehört es, dass nach den Spielen die Ergebnisse analysiert werden: Wo waren die Deutschen dieses Mal gut? Wo können sie beim nächsten Mal noch besser sein?

Beim Blick nach Kanada fällt da schnell auf: Gut waren die Frauen und Männer in Schwarz, Rot und Neongelb in Whistler, wo Ski gefahren, mit Skiern und Waffen durch die Wälder gerannt und den Eiskanal hinuntergedonnert wurde. Gar nicht gut lief es hingegen in und um Vancouver, wo täglich eine jugendliche Olympia-Party gefeiert wurde, dass die Bass-Boxen nur so krachten. Seit 1992 sind drei Sportarten ins Programm der Winterspiele gerückt: Snowboard, Freestyle, Shorttrack. In ihnen gab es 60 Medaillen zu gewinnen.

Von denen holte Deutschland: keine einzige. Für ein Land, das die Spiele in acht Jahren ausrichten will und dessen Bewohner den Wintersport angeblich in ihrer DNA tragen, wie die Bewerbungs-Botschafterin Katarina Witt behauptet, ist das ein bisschen wenig. Die Edelmetall-Plaketten sind nicht alles bei Olympia, aber sie sind ein guter Indikator dafür, wie ernst es einem Sportsystem ist, das Vielfalt proklamiert.

In jeder dritten Sportart, die in Vancouver ausgetragen wurde, blieben die Besten von den Deutschen unbehelligt. Das darf nicht so bleiben, wenn das so bleiben soll mit dem für rund 140 Millionen Euro jährlich an Steuergeld erkauften Spitzenplatz im Medaillenspiegel. "Mit den üblichen Fördermaßnahmen kommen wird da nicht weiter", fürchtet allerdings Ober-Olympier Bach, der sich deshalb nicht weniger wünscht, als "ein Umdenken in der Sportkultur".

Die besteht in vielen Spitzensport-Verbänden hierzulande derzeit vor allem darin, möglichst viele Talente möglichst früh in einer Sportfördergruppe unterzubringen und ihnen eine Uniform der Bundeswehr, der Bundespolizei oder des Zolls überzustreifen. Nur an drei Medaillen, die Deutsche in Kanada holten, waren diese Institutionen unbeteiligt. Das kann ein Spaß werden, wenn jetzt der Kulturwandel kommt und es heißt: Frauen! Männer! Linksum! Ab in die Halfpipe!

© SZ vom 01.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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