Oli Kahn:Held der Werbung

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Die Degradierung erhöht den Wert Oliver Kahns für Sponsoren.

Björn Finke

Auf der Ersatzbank im Stadion schaut Oliver Kahn oft etwas griesgrämig drein. Auf der Sitzbank im Biergarten dagegen zeigt sich der zweite Nationaltorhüter bestens gelaunt, selbstironisch und gelassen: "Weißt', Waldi, auf der Bank ist es halt doch am schönsten", sagt er lächelnd zu TV-Moderator Waldemar Hartmann, der in dem Werbespot mit ihm ein Paulaner-Bier trinkt.

Es mag ein schwacher Trost sein für den ehrgeizigen Torsteher von Bayern München, aber hätte ihn Bundestrainer Jürgen Klinsmann nicht auf die Ersatzbank verbannt und Jens Lehmann den Vorzug gegeben - dieser lukrative Zusatzverdienst wäre Kahn entgangen.

Die Niederlage im Wettkampf mit Arsenal Londons Nummer eins hat dem Torwart-Titan a. D. auch sonst nicht geschadet. Zumindest finanziell. Sämtliche Werbepartner hätten Kahn nach Klinsmanns Entscheidung im April weiter die Treue gehalten, heißt es bei der Playce AG in München, die den Sportler managt.

Seine Verträge seien nicht daran gebunden, dass er bei der WM spielt. Der Torwart wirbt unter anderem für Adidas, Burger King, einen japanischen Fernsehsender und diverse Modefirmen.

Zahl der Anfragen sogar gestiegen

Laut Playce ist die Zahl der Anfragen in den vergangenen Wochen sogar gestiegen. Hartmut Zastrow wundert das nicht: "Dass sich Kahn als Ersatztorwart klaglos ins Team einfügt, hat seinem Image sehr gut getan", sagt der Vorstand von Sport + Markt, einem Kölner Unternehmen, das bei Sponsoring und Werbung berät.

Früher habe Kahn sehr verbissen und ernst gewirkt, nun werde sein öffentliches Bild in freundlicheren Farben gemalt. Das Publikum nehme ihn als fairen Charakter wahr.

Zastrow schätzt, dass der Torsteher im WM-Jahr zwischen drei und fünf Millionen Euro Werbegelder kassiert. Sein Rivale Lehmann sei für die Unternehmen deutlich weniger attraktiv. "Er ist einfach noch nicht derart bekannt und keine markante Persönlichkeit", sagt der Berater.

Kahn sei bei der vorigen Weltmeisterschaft 2002 in Asien für die Öffentlichkeit zum Helden geworden. Habe ein Sportler erst einmal den Status einer herausragenden Persönlichkeit erreicht, leide sein Werbewert nicht so schnell. "Er verkraftet Niederlagen wie die Degradierung durch den Trainer", erklärt Zastrow.

Der England-Legionär Lehmann könne bei dieser WM zum Helden aufsteigen. "Er spielt hier um seinen Werbewert", sagt der Berater.

"Zeitlose Persönlichkeit"

Damit steht Lehmann nicht allein: Für alle aufstrebenden Kicker sind Weltmeisterschaften immer auch Leistungsschauen, um Geldgeber auf sich aufmerksam zu machen. Die Wahrheit ist auf dem Platz - die Fußballer-Weisheit gilt ebenso für Sponsoren.

"Nur wer als Spieler herausragt, kann im zweiten Schritt zur zeitlosen Werbepersönlichkeit werden", sagt Zastrow. Im deutschen Team gehört ihm zufolge Miroslav Klose zu den Gewinnern. Lukas Podolski, Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm - "ein kleiner, süßer Frauentyp" - hätten gleichfalls viel Potenzial für Spots und Anzeigen.

Manchmal geht die Aufmerksamkeit der Unternehmen aber selbst den Spielern zu weit. Der Schlafzimmerausstatter Beate Uhse musste seine eigens eingeführten Vibratoren "Olli K." und "Michael B." - wie Ballack - wieder aus dem Sortiment nehmen. Die Stars fühlten sich in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt.

© SZ vom 24.6.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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