Özalan Alpay:"Ich spiele mit Herz - deshalb bin ich Rambo"

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Özalan Alpay ist derzeit der unbeliebteste Profi in der Bundesliga. An diesem Ruf hat er lange und konsequent gearbeitet. Selbst für den Fair-Play-Preis vor neun Jahren hat er sich geschämt.

Jürgen Schmieder

Das mit der Ehre ist so eine Sache. Gerade bei Männern ist dieses Gefühl oft stark ausgeprägt. Alpha-Tiere wollen sie sein, starke Anführer, unverwundbare Helden. Jeder Rückzieher ist ein Zeichen von Schwäche, für das es sich zu schämen gilt.

Immer mit vollem Einsatz: Özalan Alpay. (Foto: Foto: rtr)

Özalan Alpay ist einer von diesen Männern. Am Wochenende leistete er sich erneut mehrere Ausrutscher, als er seinen Gegenspieler Guy Demel erst im Kabinengang beleidigte, anschließend den Ellenbogen ins Gesicht rammte und die daraus resultierende Auswechslung durch seinen Trainer Uwe Rappolder überhaupt nicht verstehen konnte. "Ich spiele mit Herz - deshalb bin ich ein Rambo", sagte er in einem Interview mit der Bild-Zeitung.

Nun wird vielerorts behauptet, dass ein Vorfall aus dem Jahr 1996 schuld sei an den Entgleisungen des Türken. Damals hatte er während der Europameisterschaft seinen Gegenspieler Goran Vlaovic alleine aufs Tor laufen lassen, anstatt ihn zu foulen. Der Kroate erzielte den Siegtreffer und warf die Türkei aus dem Turnier. Alpay erhielt für seinen Rückzieher den Fair-Play-Preis.

Das Verhalten Alpays 1996 war für ihn nicht die Heldentat, zu der sie heute verklärt wird. Hätte er seinen Gegenspieler umgerissen, wäre er vom Platz geflogen und hätte den Rest des Turniers von der Tribüne aus verfolgen müssen. Das wusste Alpay - und zog zurück. Mit der Auszeichnung wurde ihm klar, dass er nicht nur sportlich gehandelt hatte, sondern in den Augen seiner Landsleute unmännlich gekniffen hatte. Er schämte sich so dafür, dass er den Preis zurückgeben wollte.

Seitdem foult, prügelt und beleidigt sich Alpay durch die Karriere. Weil er kein Weichei sein möchte, sondern ein harter Kerl, der ernstgenommen wird und dessen Ehre nicht mehr durch einen Fair-Play-Preis besudelt werden soll.

Dabei vergisst er, dass er mit den Aktionen der vergangenen Wochen - durch den falsch verstandenen Ehrbegriff - genau diesen Respekt durch Fans und Mitspieler verloren hat. Er wird nicht als Held in die Annalen des Fußballs eingehen, sondern als Rambo, Raufbold und Rüpel. Und als Spieler, der wegen seiner Entgleisungen gar zweimal suspendiert wurde, einmal in Japan und nun in Köln.

Bei der zu erwartenden harten Strafe durch das DFB-Sportgericht hat Alpay Zeit darüber nachzudenken, ob er sich für den Fair-Play-Preis oder für seinen Taten danach schämen soll.

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