NBA Playoffs:König ohne Krone

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In der Finalserie der NBA zeigt Oldie Robert Horry dem Jungstar LeBron James, wie man Titel holt. Die San Antonio Spurs gewinnen mit 4:0.

Jürgen Schmieder

Im Film "Training Day" stellt Denzel Washington immer wieder die gleiche Frage: "Willst Du ins Gefängnis gehen oder nach Hause?" Eric Snow von den Cleveland Cavaliers muss sich an den Film erinnert haben, als er während einer Auszeit im letzten Spielabschnitt des vierten Finales aufstand und immer wieder brüllte: "Wollt Ihr gewinnen oder nach Hause gehen?"

Zu diesem Zeitpunkt stand es 63:62 für die San Antonio Spurs, es waren noch sechs Minuten und 33 Sekunden zu spielen. Die Cleveland Cavaliers mussten das Spiel gewinnen oder eben mit dem Titel "Finalteilnehmer" nach Hause gehen. Also stellte sich Snow in die Mitte und wiederholte seine Frage immer wieder - bis LeBron James aufstand und ihm zunickte.

Der 22 Jahre alte Superstar sollte die Verantwortung übernehmen und die Cavaliers am Leben halten. Mit durchschnittlich 21 Punkten hatte er zwar die meisten Punkte für seine Mannschaft in der Finalserie erzielt, die Trefferquote von weniger als 40 Prozent dagegen konnte sich nicht messen mit Toni Parker etwa, der mehr als 50 Prozent seiner Würfe traf.

Die Fans der Cavaliers schwenkten weiße Handtücher als Zeichen der Unterstützung, als James das Parkett betrat. Er bekam den Ball, dribbelte um seinen Gegenspieler und warf - der Ball prallte an den Ring und von dort ins Spielfeld zurück. James blieb einen Moment stehen und sah ungläubig auf den Korb. Er ahnte, dass dieser missglückte Versuch nicht ohne Folgen bleiben sollte.

In den drei Minuten nach dem Fehlwurf erzielten die Spurs zehn Punkte, James dagegen verfehlte drei Mal in Folge aus dem Feld und vergab einen Freiwurf. Dazu unterliefen ihm zwei Ballverluste, für die man in der Bezirksliga Häme von den Mitspielern einstecken müsste. Der "King", so James' Spitzname aus High-School-Zeiten, war noch nicht bereit, auf den Thron zu steigen. Die Cavaliers verloren in dieser Phase das Spiel und damit die Serie, in der sie nie ernsthaft konkurrieren konnten. Die San Antonio Spurs dagegen durften zum vierten Mal in den vergangenen neun Jahren die Larry O'Brien Trophy in Empfang nehmen.

Finale verloren, Sohn gewonnen

"Das ist der schönste Titel", sagte Spurs-Center Tim Duncan nach dem Spiel. "Es war in diesem Jahr viel schwieriger, die Meisterschaft zu gewinnen als bisher." Seine Mitspieler tanzten derweil um ihren Center herum. Toni Parker, der als wertvollster Spieler der Serie ausgezeichnet wurde, wischte die Freudentränen aus dem Gesicht seiner Verlobten Eva Longoria.

Nur einer stand ein wenig abseits: Robert Horry starrte nach dem Spiel auf die Zuschauerränge der Quicken Loans Arena. Dort stand ein Fan der Spurs mit einem Plakat in der Hand: "Go for 7, Big Shot Rob!" Horry schüttelte den Kopf und lächelte. Er hatte seinen siebten NBA-Titel geholt - die meisten für einen Spieler, der nie bei den Boston Celtics - Serienmeister in den 50er und 60er Jahren - unter Vertrag stand. Wie immer war er in den entscheidenden Phasen zur Stelle: Im zweiten Spiel gelangen ihm fünf Blocks und neun Rebounds, in der gesamten Serie unterliefen ihm gerade einmal drei Ballverluste.

Der Oldie Robert Horry hat LeBron James noch einmal gezeigt, wie man Titel gewinnt. Der Jungstar muss nach Hause gehen. Es wird ihn trösten, dass dort seine Frau auf ihn wartet. Und sein zweiter Sohn, Bryce Maximus James, der am Morgen des vierten Spiels geboren wurde.

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