Nationalmannschaft:Ein Hansi für den Jogi

Lesezeit: 3 min

Von Anfang an galt er als Wunschkandidat vom neuen Bundestrainer Joachim Löw - nun ist Hans-Dieter Flick zum Assistenztrainer berufen worden.

Christof Kneer

In keiner Zeitung ist das eine Titelgeschichte gewesen damals, man kann das immer noch erstaunlich finden. Es war die schöne Zeit der sog. Wohnsitzdebatte, und immerhin war Jürgen Klinsmann damals, im April 2006, tatsächlich in Deutschland.

Der neue Mann an Jogis Seite: Hans-Dieter "Hansi" Flick. (Foto: Foto: dpa)

Er ist nicht gerade als Freund offizieller Einladungen bekannt, weshalb er sich in seinem Stab praktischerweise den Zweitbundestrainer Joachim Löw hielt, der offiziellen Einladungen durchaus etwas abgewinnen kann.

Im April sind sie aber beide da gewesen, Klinsmann und Löw, und Klinsmann war sogar der Hauptreferent bei einem Symposium, das Dietmar Hopp, Gründer der Softwarefirma SAP und Sponsor des badischen Regionalligisten TSG Hoffenheim, in der Nähe von Hoffenheim ausrichten ließ.

Es ging dabei um Jugendfußball und andere abstrakte Dinge, im Publikum saßen Theo Zwanziger, Matthias Sammer und andere prominente Menschen. Und am Ende hat sich Klinsmann noch mal freundlich bedankt, weil Hopp das von Klinsmann mitverantwortete Internetportal fd21 großzügig unterstützt.

Beckenbauer vermittelt

Was fd21 genau macht, ist eher unbekannt (im Prinzip geht es darum, Jugendliche zum Kicken im Freien zu animieren, wozu sie sich aber erst mal vor den Computer setzen müssen); was man aber ziemlich sicher weiß, ist, dass sich der Sinsheimer Stadtteil Hoffenheim langsam zur Ideenfabrik des Fußballlandes entwickelt (nicht nur, weil dort inzwischen der Sportdirektor Bernhard Peters amtiert, der Experten als eine Art Klinsmann-Flüsterer galt).

In Hoffenheim wurde auch jene Personalie geboren, die am Mittwoch das Land überraschte: Hans-Dieter Flick, 41, genannt Hansi, seit Saisonbeginn unter Giovanni Trapattoni und Lothar Matthäus im Trainerstab von Red Bull Salzburg tätig, wird Assistent von Joachim Löw; er wird Löw bereits bei den EM-Qualifikationsspielen gegen Irland (2. September) und in San Marino (6. September) zur Seite sitzen. Einige Male sind Klinsmann und Löw während ihrer Amtszeit in Hoffenheim zu Gast gewesen, und einmal, kurz vor Weihnachten 2004, sind sie dabei auch im intensiven Gespräch mit Flick, dem damaligen Trainer der TSG Hoffenheim, gesichtet worden.

Man hat sich schnell verstanden, heißt es, und man hat sich amüsiert darüber, dass Flick vor 20 Jahren beim SV Sandhausen einen Mitspieler hatte, der Markus Löw hieß und der Bruder des heutigen Bundestrainers ist.

"Hansi Flick kam uns für diesen Posten früh in den Sinn", sagt Nationalelfmanager Oliver Bierhoff. Flick galt von Anfang an als Löws Wunschkandidat, aber nachdem der Wunschkandidat im Juli schon in Salzburg angeheuert hatte, habe man "erstmal weiter gesucht". Allerdings sei man "immer wieder an Flick hängen geblieben", so Bierhoff, worauf man sich den Salzburgern auf dem kleinen Dienstweg näherte.

"Der Hansi war immer ein Teamplayer", sagt etwa Raimond Aumann

Es traf sich gut, dass Klubeigner Dietrich Mateschitz von Franz Beckenbauer beraten und lichtgestaltlich begleitet wird, und es hat dann nur ein paar kleinere Vermittlungsdienste gebraucht, bis man sich einig war.

Hansi Flick ist es also geworden jetzt, und ausgeschlossen ist es nicht, dass statt der Wohnsitz- künftig eine Vornamensdebatte droht. Man darf ja gespannt sein, ob Joachim Löw angesichts seiner gewachsenen Bedeutung im Land künftig auf seinem vollständigen Vornamen besteht oder ob sich weiter zu seinem Jogi bekennt. Praktischerweise hat er sich nun einen Assistenten organisiert, der selbst ein ,i' im Vornamen trägt; keinen einzigen Weggefährten findet man, der vom Hans oder gar vom Hans-Dieter spricht.

"Der Hansi war immer ein Teamplayer", sagt etwa Raimond Aumann, ehemaliger Torwart des FC Bayern, der Flick Ende der achtziger Jahre als Schaffer im defensiven Mittelfeld der Bayern erlebte. "Der Hansi ist einer der Stillen im Land, und damals hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass er mal Co-Trainer der Nationalelf werden könnte."

Es wäre aber ziemlich verkehrt anzunehmen, Flick hätte den Job nur bekommen, damit Löw das verniedlichende ,i' an einen anderen abtreten kann. Hansi, nein: Hans-Dieter Flick genießt einen ausgezeichneten Ruf in der Branche - zumindest in jener Branche, die sich nicht nur über die großen Schlagzeilen definiert.

Zwar hat ihn Klubherrscher Dietmar Hopp im November 2005 in Hoffenheim entlassen, "aus Ungeduld", wie der ehemalige Nationalspieler Karlheinz Förster sagt, der den Regionalligisten zu dieser Zeit beriet. "Herrn Hopp konnte die Entwicklung plötzlich nicht mehr schnell genug gehen", sagt Förster, der Flick "sehr gute Voraussetzungen für einen Trainer" bescheinigt.

Immerhin gilt Flick als Erfinder des Hoffenheimer Modells, das auf ambitionierter Jugendarbeit und Talenten aus der Region gründete - jedenfalls, bis Hopp beschloss, dass sein Klub künftig doch besser ein Erstligist sein solle, worauf er ihm den Trainer Ralf Rangnick spendierte.

Matthäus, der Taufpate

Man kann davon ausgehen, dass Flick eine andere Rolle im DFB-Trainerstab spielen wird als sein Vorgänger Löw, der jetzt sein Chef ist. Der trockene Taktiker Löw war stets der Kontrapunkt zum Oberguru Klinsmann, aber zum Kontrapunkt taugt Flick bestimmt nicht. Er gilt als kluger Taktiker, und in Hoffenheim loben sie bis heute sein abwechslungsreiches Training, aber das ist nichts, was sein neuer Chef nicht auch für sich reklamieren würde.

Anders als Löw darf Flick wieder als der klassische Assistent gelten, und beim DFB gehen sie davon aus, dass er sich nicht in den Vordergrund drängt. In der Branche wird derweil mit Spannung erwartet, wie sich der zurückhaltende Charakter auf der großen Bühne schlägt.

Zum netten Herrn Löw, wie der Bundestrainer einst genannt wurde, ist nun der nette Herr Flick gekommen, aber Flicks Geschick im Umgang mit Prominenz sollte niemand unterschätzen. Der Taufpate seiner jüngeren Tochter ist Lothar Matthäus.

© SZ vom 24.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: