München baut seine Halbfinal-Führung aus:Was der Don will

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Dass die Münchner gegen die Eisbären Berlin vor dem DEL- Finaleinzug stehen, ist vor allem das Verdienst ihres Trainers Jackson. Seine Stärken offenbaren die Schwächen seines Gegenübers Uwe Krupp.

Von Sebastian Fischer, Berlin

Wer wissen möchte, was der Eishockeytrainer Don Jackson so denkt, der sollte bloß nicht glauben, er erhalte die Antwort in einer Pressekonferenz. Freitagabend in Berlin, Jacksons EHC München hat gerade die Eisbären Berlin mit 3:1 geschlagen und ist so in der "Best-of-seven"-Serie im Playoff-Halbfinale mit 3:1 in Führung gegangen, da liest der Amerikaner wie immer sein Statement von seinem Zettel ab. Es sei das erwartet schwere Spiel gewesen, sagt er, und lobt seine Spieler für ihr Durchhaltevermögen im Schlussdrittel: "Hut ab, wie unsere Mannschaft das Spiel nach Hause gebracht hat." Hut ab, das klingt bei Jackson in etwa wie "Hoot up".

Was der Trainer so denkt? Aufschlussreicher ist da eine Begegnung nach der Pressekonferenz, im Bauch der Arena. Dort trifft Jackson, von 2007 bis 2013 sechs Jahre Coach in Berlin, vor den Mannschaftskabinen einen alten Freund. Sie plaudern entspannt über alte Zeiten und neue Anekdoten fernab des Sports, entspannt und zufrieden. Sein Berliner Kollege Uwe Krupp ist da längst mit finsterem Tunnelblick verschwunden.

Das wichtigste Duell findet offenbar neben dem Eis statt

Eine Serie in den Playoffs ist so lange offen, bis sie entschieden ist, das wird jeder Spieler und Trainer stets betonen, und deshalb ist es auch immer noch möglich, dass die Eisbären die Serie mit einem Auswärtssieg in München an diesem Sonntag noch einmal nach Berlin zurückholen. Doch so eine Serie in den Playoffs ist am Ende auch eine Summe einzelner Duelle auf und neben dem Eis - und eines scheint schon jetzt entschieden zu sein: Das Duell Jackson gegen Krupp.

Die Serie hatte vor einer Woche mit einer Überraschung begonnen. Die Münchner verloren zu Hause gegen starke Berliner, die das Momentum nach der gewonnen Viertelfinal-Serie gegen Mannheim auf ihrer Seite zu haben schienen, die von ihrer Erfahrung zehrten und die Klasse ihres Kaders nach einer schwachen Hauptrunde endlich aufs Eis zu bringen vermochten. Danach folgten zwei relativ ungefährdete Siege für den Meister und Favoriten, weshalb alle Theorien vom Berliner Momentum wieder hinfällig waren. Nun, in Spiel vier, war es wieder eng.

Die Berliner gingen im ersten Drittel etwas glücklich durch Jonas Müller in Führung, danach spielten sie im zweiten Abschnitt "unser bestes Drittel der Serie", wie Krupp lobte, gerieten aber trotzdem in Rückstand. Einmal konterten die Münchner, Jonathan Matsumoto traf, und einmal nutzte der EHC einen Flüchtigkeitsfehler in der Berliner Verteidigung, diesmal traf Derek Joslin. Drei Chancen, zwei Tore. München habe "clever" gespielt, sagte Müller. Und Berlin? Eher nicht so clever.

Der eindrucksvolle Beweis dafür war eine vier Minuten lange Überzahl für die Eisbären, nachdem Münchens Richie Regehr wegen Bandenchecks und Beinstellens auf die Strafbank musste. Nicht ein einziges Mal in vier Minuten schaffen es die Berliner, ihre Powerplay-Formation aufzubauen, ein Mal schossen sie mehr oder weniger zufällig, aber ungefährlich aufs Tor. "Da muss mehr kommen", sagte Berlins Florian Busch und beschrieb das Überzahlspiel seines Teams als eine Mischung aus Hoffen und schwachem Zweikampfverhalten. Müller sagte, das habe es in dieser Saison ja schon oft gegeben, "dass wir im Powerplay nichts hinbekommen".

So einfallslos in Überzahl, dass die eigenen Fans pfeifen

Berlin ist statistisch die schwächste Mannschaft der Liga in Überzahl und München die stärkste in Unterzahl, das war also keine Überraschung. Aber so einfallslos zu spielen in einer so wichtigen Situation, dass gar die eigenen Fans kurz pfiffen und München das Spiel danach ungefährdet gewinnen konnte? Uwe Krupp versuchte zu erklären: "Es geht um die Ausführung unserer relativ gut einstudierten Konzepte." München habe hohen Druck aufgebaut, "mit dem Druck musst du umgehen können", sagte Krupp, doch das misslang. Relativ deutlich.

Es ist außerdem schon länger bekannt, dass Jacksons Mannschaften mit hohem Druck spielen. Das ist das taktische Merkmal des Amerikaners, das in der DEL meistens nicht nur relativ, sondern ziemlich gut funktioniert. Krupp fehlt ein solches taktisches Merkmal.

Zwar ist es auch das Verdienst des Trainers, dass Berlin starke Playoffs spielt, am Freitag waren die Eisbären lange Zeit die spielbestimmende Mannschaft. Doch genauso wird Krupp den Makel nicht los, den man dem früheren Bundestrainer seit Jahren hinterher raunt: eine gewisse Ideenlosigkeit in entscheidenden Spielen. Die Münchner dagegen haben in den Playoffs bislang kaum begeistert, doch sie sind in den entscheidenden Momenten dominant. Oder wie Jackson sagt: "Du musst versuchen, dass das andere Team macht, was du willst."

Später, vor den Kabinen, machte Jacksons alter Berliner Freund einen Witz. Wir sehen uns am Mittwoch, rief er dem Münchner Trainer hinterher, er meinte ein mögliches sechstes Spiel, für das Berlin am Sonntag gewinnen müsste. Doch Jackson lachte nicht, er schaute irritiert. Er hatte den Witz nicht verstanden.

© SZ vom 02.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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