Mann, Mann, Mann!:Die unerträgliche Fülle des O-Tons

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Was sich die Zuschauer beim Viertelfinal-Eishockeyspiel Russland-Kanada bei Eurosport anhören mussten.

Hermann Unterstöger

Mann, Mann, Mann! Null zu null, aber unglaublich viel los hier, jeder Millimeter Eis ist hart umkämpft. Also, wir sind ja hier nicht beim Gesangsverein, da können wir ja gleich zum olympischen Winter-Eiswürfel-Gießen gehen, wenn das ein Foul gewesen sein soll.

Kanada hat das Viertelfinale gegen Russland verloren. Während Kanada nun überlegt, ob die Goldmedaillen-Gewinnerin im Eisschnelllauf, Cindy Klassen, das Team Canada verstärken könnte, spürt die russische Mannschaft: Wir sind wieder wer. (Foto: Foto: Reuters)

Mann! Die Schweizer haben sich etabliert im Konzert der Großen, die USA aber sind zu spät aufgestanden, und die UdSSR gibt es ja nicht mehr.

Ou, ou, ou! Das ist ein Pfiffikus, mit seinen zwanzig Jahren, dieser Alexander Oweschkin! Der hat ja einen Schuss drauf wie ein Laser, so zielgenau! Das ist kein Gesangsverein hier! Fliegende Körper . . . Es beginnt das dritte Drittel.

Was feuern die hier ab, was brennen die hier ab! Mann, Mann, Mann! Das geht hier rauf und runter, Schlag auf Schlag, das sind Highlights im Sekundentakt hier, kein Zögern, kein Zaudern im gesamten Match bisher. Alexander Oweschkin wird wieder seinen Speed unter Beweis stellen.

Ich habe das Gefühl, dass das nach sechzig Minuten noch längst nicht gegessen ist. 41 Minuten 30 Sekunden: Russland geht durch Oweschkin in Führung. Ou, ou, ou! Mensch, zackig! Immer ruhig mit den jungen Pferden!

Mann, mein Puls ist auf achtundvierzig. Es sind noch ungefähr sieben Minuten zu spielen. Im Kopf ist das viel, viel weniger als auf der Uhr. Da steh'n sie clever in den Boxen, die Russen! Hier liegt viel Kleinholz auf dem Eis, aber wir sind ja hier, wie gesagt, nicht im Gesangsverein, sonst könnten wir ja gleich . . .

Mann, Mann, Mann! Der hat Augen im Hinterkopf, dieser Oweschkin, und je größer die Bühne, desto mehr dreht der Mann auf. Und Kowaljew? Alexej Kowaljew, der Kapitän? Wie ein Turm in der Schlacht, wie ein Fels in der Brandung.

Ja, hier geht's rund, liebe Zuschauer, und das macht Spaß. Mein lieber Mann, hier verbrennt das Eis! Jetzt wird es auch eine Kopfsache für die Kanadier.

Ou, ou, ou! Die Fäuste beginnen zu fliegen. Hier im Torino Esposizioni sind alle kurz vor dem Herzstillstand. Mann, o Mann, und wieder hat er die Scheibe! Er hat die Scheibe ja immer, der Jewgeni Nabokow, der Kasache im russischen Tor.

Wie 'ne Krake. Der hätte ja eigentlich bei den Kasachen im Tor stehen sollen, hat sich dann aber, aus sportlichen Gründen, für die russische Mannschaft aufstellen lassen - Mann, da war was los bei den Kasachen! Ou, ou, ou, ein Match Penalty, da muss etwas Schlimmes passiert sein! Noch sech-zig Se-kun-den! Die werden hernach blass in der Kabine liegen.

Keiner sitzt mehr auf den Rängen, logisch, denn hier rast der Puls. Die Kanadier nehmen Torwart Martin Brodeur heraus, doch die Russen können die empty-goal-Chance nicht nutzen.

Ja, wie darf man sich denn so was vorstellen, das ist natürlich der worst case! 59 Minuten 37 Sekunden: Kowaljew erhöht zum 2 : 0. Zwei zu null - und der Sargdeckel ist zu!

© SZ vom 24.2.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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