Mainz - Leipzig (15.30 Uhr):Weit weg von den Idealen

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Trainer Schwarz fordert "Fanatismus" nach schwachen Auftritten, Sportvorstand Schröder greift bei der Kaderplanung daneben. Die Mainzer belasten viele Probleme, die sie im Schlussspurt nicht mehr lösen können.

Von Tobias Schächter, Mainz

Sandro Schwarz ist in diesen Tagen kein glücklicher Bundesliga-Trainer. Schon vor Wochen hatte er einen sogenannten "Neustart" angekündigt, nach einem 0:3 beim Lokalrivalen Frankfurt. Nun verloren seine Kicker am vergangenen Wochenende 0:2 in Augsburg, es war eine vergleichbare Leistung. Schwarz will diese zwar nicht als einen Rückfall sehen, fordert aber dennoch wieder "mehr Fanatismus".

Er weiß darum, dass seine Mannschaft an diesem Sonntag im Heimspiel gegen das zuletzt kriselnde RB Leipzig einen Kraftakt braucht, um Punkte für den nach wie vor stark gefährdeten Klassenerhalt zu sammeln. Dass in den letzten Tagen nun Gerüchte eines Interesses des Hamburger SV an der Verpflichtung des Mainzer Sportvorstandes Rouven Schröder kolportiert werden, kommt für Mainz zur Unzeit. Schröder dementierte am Freitag Gespräche mit dem neuen HSV-Präsidenten Bernd Hoffmann, er erklärte: "Ich habe mich klar und deutlich geäußert, dass das Spekulationen sind, dass ich mit Herrn Hoffmann beziehungsweise dem HSV nicht gesprochen habe. Es ist Fakt, dass ich einen Vertrag in Mainz bis 2020 habe. Es gilt die volle Konzentration auf den Klassenerhalt." Versprechen, dass er in der neuen Saison in Mainz tätig ist, wollte Schröder auf Nachfrage aber nicht, er sagte: "Ich habe einen Vertrag, ich bin bei Mainz 05 und ich lege volle Kraft in den Abstiegskampf."

Schon wieder schüttelt den Verein der Abstiegskampf durcheinander

Seit zwei Jahren arbeitet der 42-Jährige als Nachfolger des nach Schalke gewechselten Mainz-05-Baumeisters Christian Heidel, zunächst als Sportdirektor. In diesen zwei Jahren glitt der Klub von einer Krise in die nächste. Der langjährige, ehrenamtliche Klub-Vorsitzende Harald Strutz stürzte nach einer langen Saga über nicht öffentlich kommunizierte, exorbitant hohe Aufwandsentschädigungen. Die fällige Neustrukturierung mit der Installierung eines Aufsichtsrates und zweier hauptamtlicher Vorstände, sowie eines ehrenamtlichen Vorstandsvorsitzenden war begleitet von Grabenkämpfen. Der zunächst gewählte Vorstandsvorsitzende Johannes Kaluza irritierte mit clownesken Auftritten und trat im Winter nach einem Aufstand im Klub zurück.

Bereits Mitte 2017 wurde Schröder zum Sportvorstand befördert, Vertragsverlängerung bis 2020 inklusive. Die Vereinskrise schien gemeistert, spätestens als in Stefan Hofmann der ehemalige Leiter des Nachwuchsleistungszentrums zum neuen Vorstandsvorsitzenden gewählt wurde. Doch nach dem knapp geschafften Klassenerhalt im vergangenen Jahr mit dem Trainer Martin Schmidt - an dem Schröder bis Saisonende festhielt, bevor er ihn durch den Nachwuchstrainer Sandro Schwarz ersetzte - schüttelt der erneute Abstiegskampf den Klub wieder durcheinander. In der Kritik steht der Trainer, der sein Versprechen, wieder Mainz-05-Fußball spielen zu lassen, nicht einlösen konnte. Tatsächlich ist es so, dass Mainz 05 noch nie weiter vom eigenen Ideal des überfallartigen Underdogfußballs entfernt kickt wie aktuell. Und in der Kritik steht auch Schröder, dessen Einkaufspolitik in dieser Saison die Mannschaft sportlich nicht voranbrachte.

Schröder muss sich Fehler bei der Kaderplanung vorwerfen lassen

Die Mainzer belasten im Schlussspurt viele Probleme, die sie nicht mehr lösen, höchstens noch kaschieren können. Der Mainzer Kader hat ein strukturelles Problem, es fehlen im Mittelfeld torgefährliche Spieler. Stattdessen tummeln sich Sechser und Außenbahnspieler, aber es gibt außer Suat Serdar keinen klassischen Verbinder, der im Mittelfeld ein Spiel prägen kann. Das Fehlen spielstarker Achter engt auch taktisch die Möglichkeiten ein. Im Prinzip muss Schwarz mit einem Martin-Schmidt-Kader arbeiten, sein Vorgänger war besessen vom Spiel über die Außenbahnen und von Außenbahnspielern.

Vor der Saison und im Winter nicht auf der Achter-Position tätig geworden zu sein, muss Schröder sich vorwerfen lassen. Im Winter holte er stattdessen den Sechser Nigel de Jong, der mehr Widerstandskraft in den Kader bringen sollte. Aber der alternde Routinier erwies sich ebenso wenig als stammelftauglich wie der zurückgekehrte Stürmer Anthony Ujah. Schröder verkaufte Spieler wie Malli (für zwölf Millionen nach Wolfsburg) und Cordoba (für 17 Millionen nach Köln) gewinnbringend, er holte die französischen U21-Nationalspieler Jean-Philippe Gbamin und Abdou Diallo für jeweils fünf Millionen Euro. Im Sommer könnten die beiden Großtalente für ein Vielfaches verkauft werden. Auf der anderen Seite ist die Liste der Spieler lang, die in dieser Saison noch nicht entscheidend weitergeholfen haben: Fischer, Kodro, Maxim, Ujah, de Jong.

Wenn Mainz 05 die Klasse hält, besteht die Chance, einen neuen, ausgewogeneren Kader zu bauen. Dass Schröder der Mann ist, der den nötigen Umbau gestaltet, wurde mit dem HSV-Gerücht in Frage gestellt. Und bevor diese Frage beantwortet wird, braucht Mainz 05 noch ein paar Punkte. Am besten mit Fanatismus schon diesen Sonntag gegen RB Leipzig.

© SZ vom 29.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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