Mainz - Köln (17.30 Uhr):Viele kleine Zwischenziele

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Er hat derzeit in Mainz wieder einiges neu zu ordnen: Trainer Martin Schmidt. (Foto: Maja Hitij/Getty Images)

Mit ungewöhnlichen Methoden will Mainz' Trainer Martin Schmidt seine Mannschaft wieder auf die Europacupplätze führen - vorbei am ersten Gegner Köln.

Von Tobias Schächter, Mainz

Martin Schmidt ist ein Trainer, der aus seinen Spielern mit vielen Methoden siegesgierige Wettkampftypen machen will. Zum Beispiel sammelt der Trainer des FSV Mainz 05 die Ergebnisse sämtlicher Trainingsspiele, um seinen Profis statistisch vorrechnen zu können, wie oft sie als Sieger und wie oft sie als Verlierer vom Trainingsplatz gehen. Aber der Statistikfreak stachelt den Ehrgeiz seiner Kicker manchmal auch so an: Verlierer müssen in Trainingsklamotten direkt vom Trainingsplatz zum nahen Supermarkt eilen, um den Siegern ein Eis zu kaufen.

In der Woche vor dem Ligaauftakt am Sonntagabend gegen den 1. FC Köln reizte Schmidt mit der ganzen Palette seiner Mentalitätsschulung die Sinne seiner Profis. Mit 20 Punkten aus 16 Spielen schielt der Tabellenzehnte auf die Europapokalplätze, Auftaktgegner Köln auf Rang sieben ist nur fünf Punkte weg. Mit kleinen Zwischenzielen will Schmidt seine Elf in der Rückrunde wieder zu einem Europapokalkandidaten machen. "Mal oben reinkommen ist leicht, oben bleiben ist aber die größere Herausforderung", sagt der Trainer.

Ist Yunus Malli adäquat zu ersetzen?

Der Schweizer hat in der Vorrunde bewiesen, sein Team in der Bundesliga trotz der Europapokal-Belastung stabil zu halten. Nun ist die Elf aus der Europa League ausgeschieden, aber ob die Mainzer im neuen Jahr tatsächlich wieder reif sein werden, um ins obere Tabellendrittel vorzustoßen, ist eine spannende Frage. In Yunus Malli gab Mainz seinen torgefährlichsten Spieler nach Wolfsburg ab. Zwar kassierten die Nullfünfer 12,5 Millionen Euro für den herausragenden Zehner, für den sie im Sommer wegen einer Vertragsklausel "nur" noch neun Millionen kassiert hätten - aber der türkische Nationalspieler galt in Mainz als unersetzlich. Den Verlust des Kreativspielers aufgefangen, ist die Herausforderung für Trainer Schmidt in dieser Rückrunde.

Einer, der Malli zumindest positionsbedingt hätte ersetzen können, wird am Sonntag für den Gegner auflaufen: Christian Clemens wechselte vor einigen Wochen für 2,75 Millionen Euro zum FC in seine Heimatstadt zurück. Die Mainzer nahmen diesen Winter also 15 Millionen Euro ein, wollen davon aber auch eine große Summe für den Ausbau der Infrastruktur zurücklegen. Malli mit einem erfahrenen Spieler auf ähnlichem Niveau zu ersetzen, käme den Klub wohl zu teuer. Für den aus Hannover und Nürnberg bekannten Japaner Hiroshi Kiyotake ruft der FC Sevilla offenbar rund sieben Millionen Euro Ablösesumme auf. Zusammen mit dem Gehallt sprengt das den Rahmen von Sportdirektor Rouven Schröder. Denkbar ist die Verpflichtung eines talentierten Spielers, der sich dann in Mainz - wie so viele vor ihm - zu einem Profi entwickeln soll, der langfristig wieder teurer an einen größeren Klub verkauft wird. Sicher ist, dass bis zum Anpfiff am Sonntag gegen Köln kein Zugang kommen wird.

Schlüsselrolle für den lange verletzten Yoshinori Muto

Die Mainzer haben viele Alternativen in der Offensive, weshalb Sportchef Schröder betont: "Wir vertrauen unserem Kader, wir haben Malli nicht in einer Kurzschlusshandlung gehen lassen." Aber dass Trainer Schmidt vor dem Anpfiff gegen Köln laut trommelt ("Die Stimmung ist hervorragend, wir sind heiß"), überrascht etwas, weil es noch andere Baustellen gibt als den Malli-Weggang: Gegen die Rheinländer muss Schmidt auch den sonst gesetzten Mittelstürmer Jhon Cordoba (Rot-Sperre) sowie Außenstürmer Karim Onisiwo und wohl auch Verteidiger Leon Balogun verletzungsbedingt ersetzen.

Einer, dem künftig eine Schlüsselrolle in der Mainzer Offensive zukommt, ist Yoshinori Muto. Der Japaner versäumte fast die gesamte Vorrunde wegen eines Innenbandrisses im Knie, nun ist er aber wieder einsatzbereit. Der technisch starke, sehr bewegliche Muto wird gegen Köln wohl ganz vorne für Cordoba beginnen, ist aber, wenn der große Kolumbianer wieder zurück ist, auch ein Kandidat für die Zehn in der von Schmidt bevorzugten 4-2-3-1-Grundordnung. Muto und Cordoba könnten künftig aber auch als Doppelsitze harmonieren. Gegen Köln wird Schmidt möglicherweise auf den Schweizer Fabian Frei auf der Zehnerposition setzen, der allerdings viel weniger filigran, trickreich und schnell ist als Malli.

Eine weitere spannende Frage in Mainz, die wegen der Malli-Debatte gerade ein wenig in den Hintergrund geraten ist: Wie kann die Mannschaft die Gegentorflut aus den ersten 16 Spielen stoppen? Nur der Hamburger SV (31 Gegentreffer) kassierte noch ein Tor mehr als die Rheinhessen. Auch in der Defensive braucht die Mannschaft also dringend mehr Siegermentalität.

© SZ vom 22.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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