Ligapokal:Tingeln für Deutschland

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Pünktlich zum Finale ist eine Debatte um den Ligapokal entbrannt - die Bayern würden sich lieber um den asiatischen Markt kümmern.

Christof Kneer

Was bisher geschah: Bisher gab es da also einen freundlichen, kleinen Wettbewerb, den man schon deshalb gerne haben musste, weil er der Sommerpause einen Sinn gab. Er hieß Supercup, Fuji-Cup oder Ligacup, er wurde erst mit 32 Mannschaften ausgespielt, dann mit zweien, worauf man sich in einer geschätzten arithmetischen Mitte (6) traf.

Sport getrieben wurde meist in Meppen, Aalen oder Ahlen, und überhaupt war dieser Pokal schon immer sehr karitativ eingestellt. Seit dem letzten Sommer beehrt der Ligapokal zwar nicht mehr die Stadien in der Provinz, sondern jene in Düsseldorf und Leipzig, aber auch das ist ein feiner Zug von ihm.

Die Stadien in Düsseldorf und Leipzig freuen sich auch über jeden Zuschauer, denn seit die WM die Frechheit hatte, zu Ende zu gehen, spielt in Leipzig nicht mehr Frankreich. Sondern Leipzig.

Am Samstag spielen dort immerhin Bayern München und Werder Bremen. Im Finale des Ligapokals (18 Uhr, live bei Premiere) bewerben sie sich um jene knapp zwei Millionen Euro, die für den Sieger bereit liegen, und bis zu diesem Punkt ist die Geschichte des Ligapokals eine gute Geschichte.

Die Trainer können ihre Teams ein bisschen Wettbewerbshärte simulieren lassen, die Finanzvorstände können ein paar Eingänge verbuchen. Und der Veranstalter, die Deutsche Fußball-Liga (DFL), wird am Ende "einen attraktiven Wettbewerb" für sich reklamieren, wie DFL-Geschäftsführer Holger Hieronymus sagt, einen Wettbewerb, der inzwischen über ein klar definiertes Format verfügt.

Kein Überland-Wanderzirkus mehr

"Wir können schon jetzt bilanzieren, dass wir das Produkt so verändert haben, dass es kein Überland-Wanderzirkus mehr ist wie zuvor", sagt Hieronymus.

Auch der deutsche Fußball hat inzwischen sein Marketingdeutsch gelernt. Es werden Produkte platziert und Märkte generiert, und das ist nun der Punkt, an dem die Geschichte des Ligapokals ein bisschen komplizierter wird. Die Frage ist ja erstens, wie gut dieses Produkt tatsächlich ist - und zweitens, welche anderen Märkte auf Generierung warten.

Es ist ein Konflikt, der pünktlich zum Finale ausgebrochen ist und den sie wieder mal dort spüren, wo sie sich mit Märkten besonders gut auskennen: beim Premiumprodukt der Liga, dem FC Bayern. "Die DFL muss sich die Frage stellen, ob ihr der Ligapokal heilig ist oder ob sie die Auslandsvermarktung für wichtiger hält", sagt Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, der "das Ding", wie er den Ligacup nennt, für dringend reformbedürftig hält.

Im Kern kommt einem dieser Konflikt bekannt vor: Ähnlich wie beim Fernsehgeld geht es darum, dass sie in München im Sinne der Liga argumentieren, was die Liga aber anders sieht. "Ich kann mir die Antworten aus Frankfurt und Bochum vorstellen", sagt Rummenigge.

Am liebsten würden die Bayern den Ligacup ganz aus dem prallvollen Terminkalender streichen, um in der Saisonvorbereitung ein wenig länger über den asiatischen Markt zu schlendern. "Die Auslandsvermarktung voranzutreiben, ist ja auch erklärter Wille der DFL", sagt Rummenigge, "und wenn ich mir den Terminkalender so ansehe, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass sich Ligacup und Auslandsreisen im Sommer unter einen Hut bringen lassen."

Rummenigges These ist, dass die Bayern in Fernost das Interesse am deutschen Markt schärfen können, was sich in einer insgesamt verbesserten Auslandsvermarktung niederschlagen könnte, wovon finanziell wiederum die ganze Liga profitieren würde - tingeln für Deutschland.

"20 Millionen Euro erzielt die Bundesliga bisher aus der Auslandsvermarktung", sagt Rummenigge, "vergleichbare Ligen kassieren ein Vielfaches." Die englische Premier League wird auf das Zehnfache veranschlagt, das sind die Dimensionen, die die Bayern interessieren.

"Dass im Ligacup nächstes Jahr auch der Zweitliga-Meister teilnehmen darf, ist da kein gutes Signal", sagt Rummenigge. Die Münchner fürchten, dass die Stadien dann noch leerer werden als das ihre im Halbfinale gegen Schalke schon war. "Für mich ist das ein Zeichen, dass der Ligacup in dieser Form nicht beim Publikum angekommen ist."

Ob es andere Formen gibt, die ihnen gefallen könnten, sagen sie offiziell nicht, aber inoffiziell kann man davon ausgehen, dass hinter den Kulissen bereits Gespräche geführt werden. An Bord der Maschine, die den FC Bayern zum 68-Stunden-Trip nach Japan flog, war auch DFL-Mann Erik Lorenz, der seit April hauptamtlich die Auslandsvermarktung verantwortet.

Lorenz ist nicht mit den Bayern zurückgeflogen, er hat noch Termine in Fernost. Er hat sich mit Vertretern des japanischen Verbandes und der japanischen J-League getroffen, am Freitag traf er zu Gesprächen in Südkorea ein.

Ein bisschen darf man schon spekulieren über die Modelle, die dort zur Sprache kommen könnten; Insider können sich durchaus einen Sommerwettbewerb in Asien vorstellen, bei dem sich - zum Beispiel - die vier besten Bundesligaklubs mit Vertretern aus Japan, China und Korea messen.

Ein exportierter Ligacup wäre wohl ganz nach dem Geschmack der Bayern, aber in der Machtzentrale der DFL denken sie weniger an räumliche, eher an zeitliche Korrekturen. Einen Wettbewerb nach englischem Vorbild hält Hieronymus mittelfristig für möglich; mit einem aufgestockten (deutschen) Teilnehmerfeld, mit einem Spielplan, der bis Weihnachten oder gar bis Saisonende reicht - und mit einem Sieger, der am Ende mit einem Platz im Uefa-Cup belohnt werden könnte.

Bis dahin wird den Bayern nichts anderes übrig bleiben, als den Ligacup in seiner jetzigen Form zu gewinnen, aber was sie von diesem Pokal halten, ist unschwer zu erkennen. Sie sind erst am Spieltag in Leipzig angereist, so machen sie das ja immer, bei Freundschaftsspielen gegen Bayreuth oder Ingolstadt.

© SZ vom 5.8.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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