Ligapokal:Ein Spiel weniger

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Durch ein spätes Gegentor verliert der lustlose FC Bayern 1:2 gegen Stuttgart und verpasst das Ligapokal-Finale.

Christof Kneer

Es ist eine Frage, die fast so alt ist wie der Bundesliga-Fußball, und bis heute hat die Branche keine einigermaßen befriedigende Antwort darauf gefunden. Die Frage heißt: Wie um Fußballgottes willen kann man bloß den FC Bayern stoppen?

Bayerns Lizarazu und der Stuttgarter Mario Gomez kämpfen um den Ball. (Foto: Foto: ddp)

Man muss es der Deutschen Fußball-Liga (DFL) hoch anrechnen, dass sie sich dieser Problematik angenommen und einen überraschenden Vorschlag präsentiert hat.

"FC Bayern - Hertha BSC/VfB Stuttgart" hieß es auf den Eintrittskarten, und man musste sich wundern, dass noch niemand auf diese Idee gekommen war. Wenn der FC Bayern zu gut für einen Gegner ist, warum dann nicht zwei? Und überhaupt: Heißt es nicht ohnehin, dass die Bayern dank Felix Magath mindestens fit für zwei sind?

Er ist ein eigenartiger Wettbewerb, dieser Ligapokal. Zum Beispiel darf sich der FC Bayern Halbfinalist nennen, ohne zuvor ein einziges Spiel bestritten zu haben, während der andere Halbfinalist, der VfB Stuttgart, zuvor immerhin die auf den Tickets noch präsente Hertha bezwungen hatte.

Am Ende des Abends stand zumindest ein Finalist fest: Der VfB Stuttgart gewann verdient mit 2:1 (1:1): dank eines feinen Zuspiels des spät eingewechselten Zugangs Tomasson auf Stranzl (90.) - und weil die Bayern offenbar keine rechte Lust hatten, nach ihrer Asien-Reise (siehe Text links) am nächsten Dienstag noch zum Finale nach Leipzig zu reisen.

Beseelter Deisler

Es hatte nicht wenige Experten gegeben, die die arme Allianz-Arena vor dem Anpfiff kräftig bedauert hatten. Hatte die Arena das verdient, dass ihr als erstes offizielles Pflichtspiel ausgerechnet der Ligapokal blühte?

Das neue Stadion hat es ja ohnehin nicht leicht gehabt bisher, es hat das Einstandstor eines Österreichers namens Peter Pacult über sich ergehen lassen müssen, und dann hat es ein so genanntes Länderspiel zwischen den Fußball-Großmächten Deutschland und Bayern erlebt, in dem ein Torwart namens Lehmann böse ausgepfiffen wurde.

Diesmal aber hatte man die Arena weitgehend umsonst bemitleidet: Die angeblich 50 000 Zuschauer hatten zunächst Grund, sich zu amüsieren, obwohl Trainer Felix Magath nur drei Siebtel seiner Spätheimkehrer (Bastian Schweinsteiger, Sebastian Deisler, Lúcio) von Beginn an spielen ließ. Vor allem Deisler turnte beseelt übers Feld, als hätte ihm keiner gesagt, dass der Confed-Cup lange vorüber ist.

Hildebrands Schreckensort

Es dauerte nur elf Minuten, bis Santa Cruz nach einer hübschen Münchner Kombination über Makaay und Salihamidzic knapp verzog, und sieben Minuten später durfte sich Schweinsteiger den ersten Scorerpunkt der neuen Saison gutschreiben lassen.

Seine Flanke köpfte Makaay direkt auf Torwart Hildebrand, der den Ball zum 1:0 für Bayern durch die Beine gleiten ließ. Wird die Arena, die ja schon Jens Lehmann ungastlich behandelt hatte, also zum Schreckensort für Oliver Kahns Rivalen?

Vielleicht wird sie auch allgemein zum Schreckensort für Torhüter, denn zwei Minuten später sah auch Kahns Stellvertreter Michael Rensing nicht gerade glücklich aus. Ein Fernschuss des Stuttgarter Zugangs Thomas Hitzlsperger schlug hart, aber auf jeden Fall in Greifweite neben Rensing zum verblüffenden 1:1 ein.

Spritzige Bayern

Überraschend spritzig wirkten die Bayern in dieser Phase, während sich die Stuttgarter zunächst bemühten, ihr Spiel ihrer grauen Trikotfarbe anzupassen. Als wollte er seinen Ruf als Defensivtrainer trotzig bestätigen, ließ Trainer Giovanni Trapattoni seine Spieler so tief stehen, dass sie darüber gelegentlich das Offensivspiel vergaßen.

Als dann auch noch Christian Tiffert (nach einem rüden Foul von Owen Hargreaves) und Silvio Meißner (wegen Adduktorenproblemen) früh ausgewechselt werden mussten, schien es, als würde die Partie verschreckt innehalten.

Nach dem Wechsel schien sich Bayerns Überlegenheit fortzusetzen, fast konnte einem unheimlich werden, weil der frisch eingewechselte, als zweikampfschwach geltende Iraner Ali Karimi sich gleich mit einem frechen Check einführte. Hatte Felix Magath ihn etwa so schnell erzogen? Nein, nein, es war nur ein Versehen, Karimi streckte leider Mitspieler Sagnol nieder.

Überhaupt hatten die Bayern nun deutliche Orientierungsprobleme; zwar mühten sie sich weiter, aber die Konter der nun ebenbürtig aufspielenden Stuttgarter wurden immer gefährlicher, und es passte ins Bild, dass Roy Makaay noch einen Handelfmeter verschoss (82.). Die Bayern spielten an diesem Abend eben doch gegen zwei Gegner: Stuttgart - und sich selbst.

FC Bayern München: Rensing - Sagnol, Lúcio, Ismaël, Lizarazu - Schweinsteiger (80. Pizarro), Deisler (59. Demichelis), Hargreaves (46. Karimi), Salihamidzic - Makaay, Santa Cruz.

VfB Stuttgart: Hildebrand - Stranzl, Meira, Delpierre, Magnin - Meißner (43. Zivkovic), Soldo, Hitzlsperger - Cacau, Gomez (77. Tomasson), Tiffert (30. Gentner).

Tore: 1:0 Makaay (18.), 1:1 Hitzlsperger (21.), 1:2 Stranzl (90.). - Besonderes Vorkommnis: Hildebrand hält Handelfmeter von Makaay (82.). - Schiedsrichter: Kinhöfer (Herne). - Gelbe Karten: Lúcio, Hargreaves, Ismaël. - Zuschauer: 50 000.

© SZ vom 27.7.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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