Leichtathletik:Vier Jahre Verspätung

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Weil drei Gegnerinnen gedopt haben, wird Läuferin Diana Sujew nachträglich EM-Bronze zugesprochen. Ihr Trainer findet, dass ein fader Beigeschmack bleibt - Sujew seien Sponsorengelder sowie Zuwendungen von Verband und Sporthilfe entgangen.

Von Alexander Mühlbach, München

Eigentlich, sagt Diana Sujew, hatte sie sich den bislang größten Moment ihrer Karriere ganz anders vorgestellt. Die 1500-Meter-Läuferin hatte das im Kopf immer wieder durchgespielt: Wie es ist, eine Medaille bei einem internationalen Großereignis umgehängt zu bekommen, auf dem Podest zu stehen, von tausenden Leuten bejubelt zu werden. Ein Moment, der sie für all ihre Trainingseinheiten, all die Entbehrungen des vergangenen Jahrzehnts entlohnen sollte. Aber der größte Moment ihrer Karriere verlief dann doch ganz anders als erwartet: auf dem Bildschirm ihres Smartphones, alleine auf einem Frankfurter Trainingsplatz. Über den Nachrichtendienst Twitter erfuhr die 25-Jährige, dass sie nachträglich die Bronzemedaille gewonnen hat bei der Europameisterschaften in Helsinki - die war vor vier Jahren. Weil drei Athletinnen nachträglich wegen Dopings gesperrt wurden.

Sujew kann sich an den Lauf vom Juli 2012 noch ganz gut erinnern, den sie zunächst einmal als Sechste beendete. "Es war das beste Rennen meiner Karriere", sagt sie. Wohl aber auch eines der Doping-verseuchtesten Rennen in der Geschichte der Leichtathletik-Europameisterschaften. Die Siegerin Asli Cakir Alptekin, die später Gold bei den Olympischen Spielen in London gewann, wurde 2015 wegen Unregelmäßigkeiten im Biologischen Pass gesperrt. Genauso wie die vierplatzierte Russin Jekaterina Ischowa. Sujew war in den Ergebnislisten deswegen schon bis auf den vierten Platz vorgerückt - bis am Donnerstag auch noch der Ukrainerin Anna Mishchenko ihre Medaille von 2012 wegen Dopings aberkannt wurde.

Sujew sagt, dass sie sich über die Medaille freue. "Es ist gut, wenn die Betrüger aus dem Verkehr gezogen werden", findet sie. Ihr Trainer Wolfgang Heinig, gleichzeitig Bundestrainer, fügt an, dass das alles dann doch einen faden Beigeschmack habe. Nicht nur, sagt Heinig, sei Sujew durch den Betrug der anderen der Moment der Siegerehrung geklaut worden, sondern auch ihre ganze Karriere beeinflusst worden. Bei einem Medaillensieg wäre Sujew sicher in den Bundeskader aufgenommen worden und hätte nicht monatelang darum bangen müssen. Zudem, sagt Heinig, hätte sie finanziell besser dagestanden. "Sponsorengelder, Fördergelder vom Verband, Gelder von der deutschen Sporthilfe, all das hat Diana ja in den vergangenen Jahren nicht bekommen, obwohl ihr das zugestanden hätte", sagt Heinig.

Der Bundestrainer kritisiert, dass es viel zu lange dauere, bis die Vergehen bestraft werden. Bei der Ukrainerin wurden drei Tage vor dem EM-Finale von 2012 Unregelmäßigkeiten im Biologischen Pass festgestellt, die auf Blutdoping deuten können, trotzdem ist bis Donnerstag dieser Woche kein endgültiges Urteil gefällt worden. Heinig fordert auch, dass Athleten, die schon einmal gedopt haben, nie wieder an internationalen Großveranstaltungen teilnehmen dürfen. So hätte auch der Sieg von Altepkin verhindert werden können, die 2004 schon einmal für zwei Jahre wegen Dopings gesperrt worden war. "Solche Leute haben dort nichts zu suchen", sagt Heinig. Diana Sujew wird nicht die letzte Athletin sein, die nachträglich von dem vermutlich größten Moment ihrer Karriere erfährt.

© SZ vom 26.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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