Korruptionsaffäre der Fifa:Alle Spenden im Visier

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Hat er die Überweisung über zehn Millionen Dollar unterschrieben? Fifa- Generalsekretär Jérôme Valcke. (Foto: Marcelo Sayao/dpa)

Die Schweizer Bundesanwaltschaft untersucht im Zuge des Fifa-Skandals nun auch die Spenden-Politik des Fußball-Weltverbandes. Das betrifft vor allem eine ominöse 10-Millionen-Dollar-Transaktion in die Karibik.

Von Johannes Aumüller, Thomas Kistner, München

Die Schweizer Bundesanwaltschaft untersucht im Zuge des Fifa-Korruptionsskandals nun auch die Spenden-Politik des Fußball-Weltverbandes. Im Mittelpunkt soll dabei die Frage stehen, wie die Gelder der Fifa ausgegeben wurden, auch in Hinblick auf langjährige Zahlungen für Entwicklungshilfe. Zudem wird geprüft, ob es im Zuge von Spenden zu Dokumentenfälschungen und anderen Delikten gekommen sei, berichten Medien in Nord- und Südamerika. Die Bundesanwaltschaft dementierte diese erweiterte Stoßrichtung auf SZ-Anfrage am Donnerstag nicht. Sie verweist darauf, dass sie sich zu laufenden Ermittlungen nicht äußere.

Eine Untersuchung aller Spenden - das beträfe nicht zuletzt jene ominöse Transaktion über zehn Millionen Dollar, die Anfang 2008 von der Fifa auf Konten in der Karibik ging, die der langjährige Skandalfunktionär und Fifa-Vorstand Jack Warner kontrollierte. Und bei der die Fifa bisher nur scheibchenweise über die konkreten Umstände informiert. Ursprünglich tat sie so, als hätten ihre Spitzenmänner mit diesem Vorgang gar nichts zu tun gehabt. Dann musste sie einräumen, dass ihr Präsident Sepp Blatter und Generalsekretär Jérôme Valcke doch darüber informiert waren. Und nun heißt es in Gesprächen mit Fifa-Mitarbeitern, dass Valcke die Überweisung sogar unterzeichnet habe.

Offenkundig unterschrieb der Fifa-General Valcke selbst

Die Kernargumentation des Weltverbandes in dieser auch vom FBI untersuchten Causa geht so: Die zehn Millionen Dollar beträfen die Fifa nicht direkt, es sei um ein Projekt der Regierung Südafrikas gegangen. Diese habe ihre Diaspora in der Karibik unterstützen wollen und die Fifa gebeten, die zehn Millionen einfach von dem ihr zustehenden Budget für die WM-Organisation 2010 abzuziehen und direkt in die Karibik zu überweisen. Ganz anders sehen das die US-Ermittler und ihr Kronzeuge Chuck Blazer: Danach handele es sich um Schmiergeld an drei Fifa-Wahlmänner für die Kür des WM-Landes 2010, unter anderem Warner und Blazer.

Nach Darstellung der Fifa geriet sie mit dem merkwürdigen Projekt erstmals im September 2007 in Kontakt. Damals trafen sich ihr Chef Sepp Blatter und Südafrikas Staatspräsident Thabo Mbeki, es sei eine "formelle Anfrage" der Regierung erfolgt. Kurz danach schrieb Fifa-Generalsekretär Valcke einen Brief an die Regierung am Kap, in dem er das Karibik-Projekt bestätigte. Knapp drei Monate später, am 7. Dezember, hakte er in forderndem Ton nach, wann nun die Überweisung getätigt werden könne - es sei ja bekannt, dass auch die Präsidenten in den Vorgang eingeweiht seien. Schon am 10. Dezember erhielt er vom Chef des Bewerbungskomitees (LOC), Danny Jordaan, eine Antwort, und bald flossen die ersten Tranchen.

Am 2. Januar 2008 waren es 616 000 Dollar, am 31. Januar 1,6 Millionen. Dann passierte mehr als einen Monat nichts, bis am 4. März erneut ein Brief aus Südafrika bei der Fifa einging. Diesmal war der Absender Molefi Oliphant, Präsident des Fußballverbands Safa. Er beschrieb noch einmal die Abzweigung der zehn Millionen Dollar vom Budget des Organisationskomitees - und betonte gleich zweimal, dass Warner als "Treuhänder" fungieren solle. Die Fifa hatte bis dahin nur Dokumente von der Regierung und dem Organisationskomitee, aber kein Schreiben des Verbandes; es war ihr offenbar wichtig, ein solches zu haben. Nur drei Tage später, am 7. März, floss der üppige Rest der verabredeten Summe, noch zirka 7,8 Millionen Dollar.

Doch der geschilderte Ablauf wirft manche Fragen auf. Erklärungsbedürftig ist etwa, warum Valcke selbst Druck für ein Spenden-Projekt ausübte, mit dem die Fifa laut eigener Darstellung gar nichts zu tun hatte. Der Generalsekretär weist jedes Fehlverhalten in dieser Angelegenheit zurück. Noch nicht geklärt ist auch der konkrete Fifa-interne Ablauf, wie es zur Direktüberweisung der Südafrika-Spende kam. Der Weltverband erklärt, dass der - 2014 verstorbene - Argentinier Julio Grondona als zuständiger Chef die Zahlung "im Rahmen einer formellen Entscheidung der Finanzkommission" autorisiert habe, ehe dann die Direktion um General Valcke die Umsetzung vornahm. Zumindest ein Mitglied der damaligen Finanzkommission erklärt aber, dass es von der Autorisierung jener Spende über zehn Millionen Dollar nie etwas mitbekommen haben will.

Seit wann gibt es den Plan? Seit 2007 oder schon seit 2004?

Heikel ist zudem, dass gemäß der Anklageschrift der amerikanischen Ermittler und ihres Kronzeugen Chuck Blazer der zeitliche Ablauf generell ganz anders gewesen sei. Das langjährige amerikanische Fifa-Vorstandsmitglied berichtete, er habe schon im Bewerbungsprozess für die Vergabe der WM 2010 von Warner erfahren, dass hohe Fifa-Offizielle, die südafrikanische Regierung und Mitglieder der WM-Organisation eine zehn Millionen Dollar umfassende "Unterstützung der afrikanischen Diaspora" planen. Die WM-Vergabe war im Mai 2004, danach habe Blazer Warner immer mal wieder nach dem Verbleib der Millionen gefragt. Dabei habe sich herausgestellt, dass es bei einer direkten Überweisung Probleme gebe - und deshalb der Umweg über die Fifa gegangen werde.

© SZ vom 26.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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