Kommentar:Zukunft auf dem Ponyhof

Lesezeit: 2 min

Die Olympischen Winter-Jugendspiele in Lillehammer haben sich eingefügt in den Trend zum Event. Der Kampf um einen entspannteren Zugang junger Leute zum Leistungssport ist damit verloren.

Von Thomas Hahn

Wintersport in Zeiten des Klimawandels wäre auch so ein Zukunftsthema, dem sich die jungen Leute mal annehmen könnten. Wobei die Debatten dazu bei den Olympischen Winter-Jugendspielen eine leicht selbstzerstörerische Note annehmen könnten. Die Teilnehmer sollen schließlich im Glauben ans Skifahren groß werden und es nicht als gefährdete Sportart im dahinschmelzenden Milieu erkennen. Das Motto der Nachwuchs-Spiele des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), die an diesem Freitag beginnen, ist toll: Go beyond, create tomorrow. Aber was passiert, wenn der Entdeckergeist der Talente so weit geht, dass sich hinter ihrem Horizont die eine oder andere Ernüchterung auftut? Die Zukunft ist kein Ponyhof, da sollte man der Jugend doch nichts vormachen. Oder?

Die Frage stellt sich nicht mehr, ob Olympische Jugendspiele richtig oder falsch sind. Der frühere IOC-Präsident Jacques Rogge hat sie gewollt und 2010 bekommen. Dass die Veranstaltung den Wettkampfkalender vieler Hochbegabter zusätzlich belastet, dass sie die Ringe-Idee einer gewissen Beliebigkeit preisgibt - das ist dem IOC egal. In den nächsten zehn Tagen finden die Jugendspiele zum vierten Mal statt, Lillehammer ist der zweite Ausrichter der Winter-Version nach Innsbruck 2012. 1100 Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren aus 70 Nationen nehmen teil, der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) entsendet 44 Jungen und Mädchen aus den Nachwuchskadern seiner Spitzenverbände. Die Spiele haben sich wie selbstverständlich eingefügt in den Trend zum Event, der den Sport längst erfasst hat. Wirklich infrage stellt sie kaum einer.

Der Kampf um einen etwas entspannteren Zugang junger Leute zum Leistungssport ist damit verloren. Man kann eigentlich nur noch darauf hinweisen, dass das IOC sich selbst überfordert mit seinem Anspruch, den Spiele-Nachwuchs nicht nur einem weiteren Elite-Wettbewerb auszusetzen, sondern sich im Rahmenprogramm mit Workshops und Kursen auch an seiner Erziehung zu beteiligen. Bisher hat das IOC jedenfalls nicht den Eindruck erweckt, als rede es mit seinen Eliteschülern auch über Themen, die wehtun, Korruption, eingeschränkte Menschenrechte in olympischen Gastgeberländern, die großen Doping-Skandale usw. Das Leben ist zu komplex für ein Unternehmen, das sich in erster Linie dafür interessiert, Personal auszubilden, das unfallfrei Zielrauminterviews geben kann und schon mal was von Anti-Doping gehört hat.

Es stimmt schon, Optimismus ist auch eine Tugend. Aber der Optimismus der Sportverbände sieht meistens vor, mit Hurra für eine rosarote Scheinwelt zu werben. Wer wirklich eine Freude an der Zukunft hat, nimmt mit Zuversicht die Probleme ins Visier, von denen andere lieber nichts wissen wollen.

© SZ vom 12.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: