Kommentar:Saison der bestraften Sünden

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Köln, Mainz und Schalke sind die Verlierer des Bundesliga-Starts, jeweils aus ganz unterschiedlichen Gründen - was die Klubs gemein haben, das ist der geringe Spielraum, um auf Fehlentwicklungen zu reagieren.

Von Sebastian Fischer

Es war wieder so weit: Überall in der Bundesliga mussten die Trainer am Spieltag vor Ende der Transferperiode an diesem Montag die eigentlich für Sportdirektoren gedachten Fragen beantworten: Kommt noch jemand? Geht noch einer? Muss noch was passieren? Dabei waren sie wohl selten so sehr als Diplomaten gefordert wie in diesem Jahr. Stellvertretend dazu ein Satz von Bayern-Trainer Hansi Flick aus dieser Woche: "Wir können auch nicht aus dem Vollen schöpfen, was das Finanzielle betrifft, sondern wir müssen da auch gucken, dass wir das mit Sinn und Verstand machen."

In dieser Corona-Saison funktioniert es selbst beim erfolgreichsten Fußballklub der Welt nicht, einfach mal so zig Millionen Euro auszugeben, bloß weil das erfolgreichste Fußballteam der Welt noch Auswechselspieler braucht. Sinn-und-Verstand statt Aus-dem-Vollen-Schöpfen, das gilt im Umgang mit den Folgen der Pandemie natürlich auch an anderen, nicht so reichen Bundesliga-Standorten. Und dort, wo Sinn und Verstand zuletzt nicht zu den größten Stärken zählten, kann man wohl die Folgen nun so deutlich sehen wie selten zuvor. Diese Saison ist vielleicht die, in der Management-Fehler besonders hart bestraft werden.

Der Saisonstart hat bislang drei recht klare Verlierer: Köln, Mainz und Schalke stehen mit null Punkten am Tabellenende. Das hat erstens nach drei Spieltagen natürlich noch wenig zu sagen und zweitens jeweils sehr eigene Gründe. In Mainz haben die Verantwortlichen die Folgen der Pandemie offenbar besonders unglücklich moderiert; auf Schalke hat die Pandemie das unvernünftige Wirtschaften der Vorjahre offengelegt (und das ist dort, mit Verlaub, nur ein Problem).

Was aber alle gemein haben, das ist der geringe Spielraum, um auf Fehlentwicklungen zu reagieren. Es lohnt sich jetzt noch mehr als sonst, in der Vergangenheit eine klare Idee verfolgt zu haben, für welchen Fußball und welche Strategie man als Verein stehen will - und den Kader früh nach diesen Prinzipien zusammengestellt zu haben, nicht auf den letzten Drücker (wie zum Beispiel in Köln). Es rächt sich jetzt mehr als sonst, wenn man das nicht getan hat. Es ist wohl eher kein Zufall, wenn der SC Freiburg, oft für sein vernünftiges Management gelobt, mitten in der Krise einen Transfer-Rekordsommer hinlegt, mit den teuren Verkäufen der Nationalspieler Robin Koch und Luca Waldschmidt und mit dem Einkauf des begabten Baptiste Santamaria.

Für manche Manager bleibt die Aussicht, dass das Transferfenster sehr bald schon wieder öffnet - dem verschobenen Terminplan sei Dank. Wintereinkäufe können diesmal pünktlich zum 14. Spieltag da sein. Doch vielen dürften die Mittel dafür fehlen. Dann braucht es weiter Diplomatie der Trainer, darauf zu verweisen - und Ideen, damit klarzukommen.

© SZ vom 05.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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