Der Sport ist schuld, und endlich sagt's ein Funktionär mal deutlich. Alfons Hörmann, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, teilte kräftig aus, als er auf der Mitgliederversammlung am Wochenende Hamburgs Olympia-Pleite aufarbeitete. Es ging ihm um die Skandale in den Weltföderationen von Fußball (Fifa) und Leichtathletik (IAAF), und auch um die Dulderrolle nationaler Verbände. Frühere deutsche Vertreter in internationalen Gremien - Fußballer Theo Zwanziger, Leichtathlet Helmut Digel - benannte Hörmann gar persönlich. Seine Frage: Warum hat keiner der Funktionsträger von den Missständen etwas mitbekommen oder dagegen unternommen?
Die Stoßrichtung ist unabhängig von der Bewertung der konkreten Fälle richtig und wichtig, weil der Sport eigenes Versagen gemeinhin gerne übersieht. Trotzdem sind die Aussagen merkwürdig. Denn aktuell dienen sie als Ablenkung von eigenen Fehlern des deutschen Sports bei der Hamburg-Bewerbung. Außerdem ist die Liste unvollständig: Es fehlen mindestens zwei Namen.
Der erste lautet: Alfons Hörmann. Der deutsche Sport fiel seit dessen Amtsübernahme vor zwei Jahren nicht gerade dadurch auf, Missstände im Internationalen Olympischen Komitee (IOC) zu benennen oder zu bekämpfen. Hörmann selbst akzeptierte einen aus einer früheren Tätigkeit rührenden Bußgeldbescheid über 150 000 Euro wegen Kartell-Absprachen. Also ein Verstoß gegen das Wettkampfprinzip, das auch ein Grundwert des Sports ist. Auch saß beziehungsweise sitzt er im Vorstand von Biathlon- und Ski-Weltverband. Das sind Sportarten mit chronischen Dopingproblemen.
Der zweite Name, den Hörmann aussparte: Thomas Bach. Mehr als jeder andere verkörpert er das internationale sportpolitische System der vergangenen Jahrzehnte. Seit zwei Jahren steht er als IOC-Chef an dessen Spitze. Ein Vorwurf an Funktionäre, sie hätten zu wenig mitbekommen oder unternommen, muss sich auch und erst recht an Bach richten. Zahlreiche Personen, um die es bei den Machenschaften von Fifa und IAAF jetzt geht, gehörten oder gehören zu seiner Ringe-Familie.
Doch Kritik am IOC-Chef, der sich am Samstag in Stuttgart eine Ehrung bei FDP-Parteikollegen abholte, gab es von Hörmann nicht. Im Gegenteil: Er lobte das IOC und Bachs angeblich so tolle Reform-Agenda 2020, die de facto eher dünn ist. Und damit entlarvt der deutschen Sport-Boss seine Brandrede selbst als nur bedingt glaubwürdig.