Kommentar:Hauptsache sympathisch

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Es ist nicht gelungen, die Champions Hockey League so zu reformieren, dass deutsche Klubs viel gewinnen.

Von Johannes Schnitzler

Es ist vielleicht nur Zufall, dass die Eisbären Berlin als einziger Teilnehmer aus der Deutschen Eishockey Liga die erste K.-o.-Runde der Champions League (CHL) überstanden haben - auch Ingolstadt hielt sich ja gegen den Vorjahresfinalisten Göteborg zumindest wacker. Aber in Berlin wirkt nun einmal in Uwe Krupp der ehemalige Bundestrainer, der vor einem Jahr prophezeite, die Deutschen würden sich nicht noch einmal so blamieren wie bei der Premiere auf der Bühne Europa. Dass Krupp damals, Anfang November, bereits über die neue Saison räsonieren konnte, lag daran, dass alle sechs deutschen Klubs in der Gruppenphase ausgeschieden waren, fünf von ihnen als Tabellenletzte. Nun, ein Jahr später, kann man konstatieren: Krupp hat Wort gehalten, seine Eisbären stehen im Achtelfinale. Die anderen? Schon wieder alle raus.

Selbst hektisch eingeleitete Sofortmaßnahmen halfen nicht. Deutschland ist ein wichtiger Sponsorenmarkt, aber nur mit Schlusslichtern ist schlecht glänzen. Deshalb stieg die Zahl der CHL-Gruppen von elf auf 16, die Gruppenstärke wurde von vier auf drei Teams reduziert, von denen jeweils zwei ins 1/16-Finale vorrücken. DEB-Präsident Franz Reindl hält den Einfluss Deutschlands zwar für überschätzt, die Reform sei nicht zwangsweise als humanitäre Hilfe für ein Eishockey-Entwicklungsland zu verstehen gewesen. Aber weiter kommen sollten die hiesigen Profis bitte schon. Wie steht man sonst in zwei Jahren da als WM-Ausrichter, vor der VW-Tochter Škoda als Hauptsponsor?

An den grundlegenden Problemen des Formats hat sich nichts geändert. Zu den CHL-Spielen kommen nur etwa halb so viele Fans wie in der heimischen Liga. Allein die DEL stellt sechs Teams, was den gerne gebrauchten Terminus "Königsklasse" als Etikettenschwindel entlarvt. Und dann noch das sportliche Gefälle: 2014 standen vier schwedische Klubs im Viertelfinale und vier finnische. Einsame nordische Spitze statt kontinentaler Spitzenklasse; russische Klubs sind erst gar keine dabei.

Die Bilanz kann dem neuen Bundestrainer Marco Sturm genauso wenig gefallen wie die Versetzung von Leon Draisaitl aus der NHL in die zweite Klasse. Die größte deutsche Hoffnung startet beim AHL-Farmteam Bakersfield Condors in die Saison. Für den Beweis der internationalen Zweitklassigkeit des deutschen Eishockeys hätte es dieses Exempel nicht gebraucht. Was es braucht, das hat Martin Baumann, Geschäftsführer der CHL aus der Schweiz, so formuliert: Neulinge wie die Düsseldorfer EG, die sich "sympathisch und professionell präsentiert" habe - "das ist genau das, was unser Produkt derzeit braucht". Die CHL, so lautet Baumanns Botschaft, braucht Deutschland als Sympathie- und Werbeträger.

Leider ist es nicht gelungen, den Wettbewerb so zu reformieren, dass deutsche Klubs mehr als Sympathien gewinnen.

© SZ vom 08.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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