Kommentar:Glatter Fehlstart

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Der Weltverband IAAF feiert die WM von Peking als Erfolg. Die Fernsehquoten waren gut, die Ränge im Vogelnest gut besetzt, in der manchmal die Welle rollte. An Glaubwürdigkeit hat der dopingbelastete Sport aber keineswegs gewonnen.

Von Johannes Knuth

Der Oscar für die beste Comedy-Einlage bei der Leichtathletik-WM geht an, Trommelwirbel, Tusch: Lamine Diack! 99 Prozent aller Athleten seien sauber, darauf hatte sich der scheidende Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF in Peking festgelegt. Diacks 99 Prozent passen nur nicht zu jener Studie, die sein eigener Verband vor vier Jahren in Daegu anfertigen ließ: Dort soll rund ein Drittel der befragten Athleten zugegeben haben, vor oder während der WM gegen Anti-Doping-Regeln verstoßen zu haben. Genaueres weiß man nicht, die Studie wurde bislang nicht veröffentlicht. Aber das ist ja auch nicht nötig, wenn der Präsident entscheidet, wie rein sein Sport ist.

Die 15. Leichtathletik-WM in Peking war ein Erfolg - zumindest nach den Maßstäben der IAAF. Die Fernsehquoten waren gut, das Vogelnest war ordentlich besetzt, sie karrten viele Schüler ins Stadion, aber das muss ja nicht schlecht sein. Am Wochenende rollte sogar die eine oder andere Welle durchs Stadion, zu Beginn hatten die Chinesen die Wettkämpfe bloß höflich begleitet. Die Macher des Leichtathletik-Zirkus' durften auch in Peking feststellen, dass ihre Athleten-Kunstwelt noch ankommt.

Nun ging es für die Leichtathletik in Peking aber auch darum, ein paar Dellen in der schwer beschädigten Glaubwürdigkeit auszubeulen, in eine bessere Zukunft aufzubrechen. In dieser Hinsicht war die WM ein Fehlstart. Die Doping- frage ist so ungelöst wie immer. Dem Weltverband gelingt es nicht, mit seinen Anti-Doping-Bemühungen Vertrauen zu schaffen, das Misstrauen wuchert so schlimm wie selten. Kaum ein Athlet konnte in Peking eine außergewöhnliche Leistung erbringen, ohne böse Zweifel auf sich zu ziehen. Die ARD, die dem Weltverband mit ihren Dopingberichten seit Wochen zusetzt, berichtete am Samstag über Lücken im Kontrollsystem. Die IAAF, hieß es, verfüge über probate Werkzeuge, setze diese aber selten ein. Eine Kommission der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada untersucht derweil die angeblich wuchernde Korruption im russischen Verband; währenddessen verschickt der Wada-Chef sanfte E-Mails an den russischen Sportminister. Es werde schon nichts geschehen, beruhigte Craig Reedie seinen Kumpel Witali Mutko vor kurzem, was die Partnerschaft zu Russland gefährden könnte. Na dann.

"Vertrauen und Integrität", das waren zwei Schlagworte, die Sebastian Coe nach seiner Kür zum IAAF-Chef in die Welt hinausrief. Danach bekräftigte der Brite, er wolle sich weiterhin vom Sportartikelhersteller Nike für Beratertätig-keiten entlohnen lassen. Auch dafür ein Comedy-Oscar, Trommelwirbel, Tusch!

© SZ vom 31.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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